💾 Retronews
Bevor wir zu den aktuellen Geschehnissen in der Retro-Games-Szene übergehen, berichtet Fabian im Sommer-Special über 3 aktuelle Retro-Spiele, die er angespielt hat: Auf der Retro-Welle durch den Spielesommer.
Der Juni 2022 hat sich mit Spieleneuheiten zurückgehalten. Ja, es ist ein neues Diablo erschienen, aber vom Glanz alter Tage ist das Groschengrab Diablo Immortal weit entfernt. Von Nintendo gab es Mario Strikers: Battle League Football und 2K hat den neuen Supermassive-Horror The Quarry veröffentlicht.
Für retro-affine Spielerinnen und Spieler sieht es dagegen besser aus, denn es sind auch dieser Tage wieder mehrere Spiele erschienen, die alte Titel auf neue Plattformen gebracht haben oder legendäre Oldies imitieren.
Pocky and Rocky Reshrined
Beginnen wir mit dem kuriosesten Titel: Pocky and Rocky Reshrined für PlayStation und Switch bringt eine gar nicht mal so bekannte SNES-Marke zurück. Die Priesterin Pocky und ihr Waschbär-Buddy Rocky erleben eine Mischung aus alten Leveln und neuen Inhalten. Das Spiel sieht aus wie ein 2D-Zelda oder ein Mystical Ninja, spielt sich aber wie ein Top-Down-Shooter, in dem sich die Figuren horizontal und vertikal bewegen können. Der Grafikstil orientiert sich am SNES-Original, fügt aber Effekte und Animationen hinzu, sodass das Spiel erfreulich hübsch aussieht.
Waschbär Rocky bewirft Feinde mit Blättern.
Allerdings steckt hinter der niedlichen Grafik eine große Herausforderung, und es irritiert einigermaßen, dass nicht nur ein leichterer Schwierigkeitsgrad, sondern auch der Koop-Modus zunächst freigespielt werden müssen. Zumindest haben die Level nun – anders als früher – Checkpoints, sodass die häufigen Tode keinen kompletten Neustart eines Spielabschnitts erfordern.
Pocky and Rocky Reshrined ist ein solides, unkompliziertes Actionspiel, das gerade für seinen Preis von 30 Euro aber eher Liebhaber ansprechen dürfte. Einigermaßen überraschend gibt es auch physische Versionen auf Disc beziehungsweise Modul.
Sonic Origins
Noch teurer und nur als Download erhältlich ist Sonic Origins. Zumindest gibt es die 40 Euro teure Spielesammlung für alle großen Plattformen, also PC, PlayStation, Xbox und Switch. Origins umfasst Sonic the Hedgehog, Sonic the Hedgehog 2, Sonic 3 & Knuckles sowie Sonic CD. Gefühlt – und tatsächlich – wurden all diese Spiele über die Jahre schon mehrfach mit Neuveröffentlichungen bedacht. Die HD-Versionen von Origins sind mit echtem Widescreen-Support aber sehr gut gelungen.
Der Zähler für die neuen Münzen findet sich unten links.
Sega hat das Paket mit allerlei Zusatzinhalten erweitert. In einem digitalen Museum lassen sich Videos, Musikstücke und noch einiges mehr durch erspielte Münzen kaufen. Außerdem gibt es einen Missionsmodus, in dem spezielle, meist kurze Aufgaben abzuschließen sind. All diese Ergänzungen kaschieren nicht in Gänze, dass die vier Hauptspiele dieser Sammlung nicht groß angefasst und eben schon häufig veröffentlicht wurden – auch wenn die schlauen Menschen bei Sega vor dem Release von Origins verschiedene Download-Fassungen aus den Stores entfernt haben.
Letzten Endes sind die vier Spiele immer noch stark – für 40 Euro hätte Sega allerdings mehr Titel integrieren können, die noch nicht so hinlänglich bekannt sind, zum Beispiel die Sonic-Spiele, die einst für den Game Gear auf den Markt kamen.
Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder’s Revenge
Das Retro-Highlight des Monats ist unbestritten Teenage Mutant Ninja Turtles: Shredder’s Revenge. Es kostet 25 Euro und ist ebenfalls für alle vier Hauptplattformen erhältlich. PC- und Xbox-Besitzer mit entsprechendem Abonnement können das Spiel ohne Mehrkosten via Game Pass spielen. Was das kanadische Studio Tribute Games hier abgeliefert hat, ist ein einziger großer Liebesbrief an Beat ’em ups vergangener Zeiten, allen voran Turtles in Time.
Bosskämpfe wie hier gegen Rocksteady dürfen nicht fehlen.
Nach einer Vielzahl vergeigter Turtles-Titel der letzten Jahre wurde bei Shredder’s Revenge alles richtig gemacht. Es ist ein klassisches 2D-Actionspiel mit schicker Pixelgrafik, einem Mehrspieler-Modus für sechs(!) Spieler gleichzeitig und zahllosen Referenzen an die alten Turtles-Hits. Das fängt bei den Bossen an, die bereits schemenhaft auf den Startbildschirmen der Level präsentiert werden, geht bei den überdrehten Sprachsamples weiter, für die man den alten Comic-Cast an die Mikros geholt hat, und endet noch längst nicht bei den vielen witzigen Momenten.
Die 16 Level variieren – auch das kennt man – klassische Klopperei mit Vehikel-Sequenzen. Am Ende jedes Abschnitts warten große Bosse, hier bekommen neben bekannten Namen wie Bebop und Rocksteady auch B-Bösewichte ihren Platz im Scheinwerferlicht.
Das Kampfsystem fühlt sich direkt vertraut an, wurde aber sinnvoll erweitert, sodass sich Shredder’s Revenge vielfältiger spielt als die mittlerweile etwas simpel wirkenden Klassiker. Alles in allem ist hier das wahrscheinlich beste Turtles-Spiel aller Zeiten und das nächste große Comeback eines alten Genres nach Streets of Rage 4 gelungen.
Hübsche Comic-Sequenzen treiben die Story voran.
... und was hat sich sonst so in der Retro-Spiele-Szene getan?
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Gratis-Downloads von Factor 5: Das deutsche Entwicklerstudio, das in den späten 1980er-Jahren und den frühen 90ern große Erfolge nicht zuletzt mit Turrican feierte, hat einige seiner klassischen Spiele zum kostenlosen Download freigegeben: Auf factor5.com gibt es unter anderem Katakis, R-Type und BC Kid zum Herunterladen. Auch den Chris-Huelsbeck-Soundtrack aus dem ersten Turrican könnt ihr euch hier gratis holen.
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itch.io-Summer-Sale: Noch bis zum 7.7.22 läuft die Sommer-Rabatt-Aktion der Indie-Plattform itch.io. Wer ein wenig Zeit mitbringt, kann sich auf der Sale-Seite durch die Angebote stöbern und den ein oder anderen außergewöhnlichen Fund machen – die auf itch.io veröffentlichten Spiele grenzen sich oft von Steam-Sale-Durchschnittsware ab, indem sie wilde Storys, extravagante Charaktere oder ungewöhnliche Gameplay-Konzepte anbieten; oder alles davon auf einmal.
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Blade-Runner-Desaster: Das eigentlich grandiose Grafik-Adventure von Westwood, das ursprünglich 1997 veröffentlicht wurde, hat kürzlich eine Auffrischung von den Remaster-Spezialisten der Nightdive Studios bekommen (GOG-Link). Was eigentlich ein Home Run für das Studio hätte werden können, führt jetzt zu durchweg negativen Rezensionen von enttäuschten Fans: Inhalte wurden geschnitten, hässliche Menüs werden bemängelt, und die Grafik wurde verschlimmbessert – das Upscalen (Erhöhung der Auflösung) und andere technische „Verbesserungen“ an Grafik-Assets führten dazu, dass die schön gezeichneten Pixel-Hintergründe des Originalspiels verwaschen und verfälscht dargestellt wurden. Dass die ursprüngliche ScummVM-Version gleichzeitig zum Remaster-Release aus den Shops entfernt wurde, erhitzt die Gemüter umso mehr. Dementsprechend steht Blade Runner Enhanced auf GOG bei 1.5/5 Sternen, auf Steam sind die Rezensionen „Mostly Negative“. Unser Tipp: Abwarten, ob Patches Verbesserungen bringen – oder das Originalspiel auftreiben.
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Ein Rückblick auf Thomas M. Disch's Amnesia: Der Autor Aaron A. Reid arbeitet momentan an einem Kompendium über die ersten 50 Jahre des Interactive-Fiction-Genres, ist also gewissermaßen Textadventure-Profi. Als Bonus zu seinen ursprünglichen Recherchen hat Reid kürzlich eine Betrachtung des 1986er Adventures Amnesia vorgenommen, in der er die Entstehung des Spiels und seine Spielerfahrung beleuchtet. In der Veröffentlichungs-Historie von EA ist Amnesia eine Besonderheit: Es ist das einzige Textadventure im EA-Katalog. Noch ausführlichere Informationen gibt es in Stay-Forever-Folge 81, die das Spiel behandelt.
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Film-Kickstarter: The Commodore Amiga 500 Story: In einem neuen Dokumentations-Projekt möchten die Filmemacher Nicola & Anthony Caulfield eine Serie von Filmen über Computerspiel- und Computer-Hardware-Geschichte produzieren, den Anfang soll eine umfassende Dokumentation über den Amiga 500 machen. Im Laufe ihrer Karriere und ihrer Arbeit mit verschiedenen Computerherstellern und Spieleentwicklern haben die beiden bereits hunderte von Interviews geführt und viel Archivmaterial gesammelt. So sollen die Episoden des Gaming Chronicles-Projekts nicht nur Dokumentarfilme, sondern auch weiterführende Featurettes und viele Interviews bieten. Neben den Entwicklerteams der Amiga-Geräte plant das Duo auch Interviews mit vielen Spieledesignern ein, unter anderem Eric Chahi, David Braben, Paul Cuisset, Peter Molyneux und Julian Eggebrecht. Das ambitionierte Projekt kann via Kickstarter unterstützt werden.
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Firmenportrait Telarium: Auf videospielgeschichten.de berichtet Autor Michael Kokemor von Adventures aus der Frühzeit der Videospielgeschichte, indem er das 1984 gegründete Bostoner Studio Telarium und ihre ersten Spiele unter die Lupe nimmt. Mit der Firmengründung schreiben sich die Entwickler von Telarium die Lösung eines damals typischen Textadventure-Problems auf die Fahne: Nicht mehr die Lösung des Rätsels, welches Wort der Parser hören möchte, soll im Mittelpunkt stehen, sondern die Immersion. Dafür arbeitetE das Studio mit namhaften Autoren zusammen, z.B. Michael Crichton (Amazon) und Ray Bradbury (Fahrenheit 451). Den ausführlichen Artikel gibt es hier.
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Die Geschichte von Microprose: Der YouTube-Kanal Halt and Catch Fire ist bekannt für seine Videospiel-Dokumentationen und -Analysen. Weil das erste Microprose-Video aufgrund der umfangreichen Historie der Firma schon zu einem frühen Zeitpunkt der Geschichte enden musste, folgt Produzent Thor „Pandur“ Walez jetzt den Bitten der Fans und setzt seine Berichterstattung fort. In der aktuellen Folge, die auch noch einen Nachfolger erhalten soll, werden große Titel angesprochen: Master of Orion, Sid Meier’s Colonization, Magic: The Gathering. Wer 80 Minuten übrig hat, sollte sich in dem Video über eine der wichtigsten Entwicklerfirmen der Spielegeschichte informieren.
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LucasArts vs. Sierra: Die uralte Frage „Wer war besser, LucasArts oder Sierra?“ beschäftigt nicht nur Gunnar und Chris, sondern auch die GamersGlobal-Autoren Jürgen (bekannt vom Zankstelle-Podcast) und Sascha. Die beiden verhandeln die Frage in einer zweiteiligen Artikelserie auf GamersGlobal mal etwas anders, nämlich als Streitgespräch, in dem sie die Firmen und ihr Werk nach verschiedenen Kriterien vergleichen – und sich dabei nichts schenken. Das ist gut recherchiert, humorvoll geschrieben und liest sich im Nu weg.
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Return to Monkey Island: Ein neuer Trailer zeigt endlich Gameplay der Rückkehr des Adventure-Veteranen Guybrush Threepwood. Am Grafikstil scheiden sich dabei die Geister, der kantige, langgezogene Stil enttäuscht manche Fans. Aber macht euch unten selber ein Bild, und schaut doch mal in unserem Discord-Server vorbei, um mit uns über das Spiel und viele andere Themen zu quatschen.