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#34 – FEBRUAR 2024


Themen in diesem Insider:

 

Hallo ihr Lieben,

nach dem Weihnachtswochen-Endspurt im Jahr 2023 war der lange Januar für uns bei Stay Forever ein eher entspannter Monat – das heißt, für alle außer Gunnar, denn der durfte 1.200 frisch gedruckte Ausgaben unserer zweiten Stay-Forever-Magazins verpacken, adressieren und an Unterstützerinnen und Unterstützer versenden. Inzwischen sollten alle wohlbehalten angekommen sein; eurem Feedback nach scheint auch die zweite Ausgabe wieder euren Geschmack getroffen zu haben. Uns erreichten jedenfalls viele positive bis enthusiastische Rückmeldungen. Das freut uns sehr, denn wir sind sehr zufrieden damit, wie das zweite Heft geworden ist. Die nächste Ausgabe des Magazins erscheint dann Anfang nächsten Jahres.

 

 

Eine kleine Neuerung in unserem beliebten Forum auf stayforever.de: Seit Januar gibt es dort eine Extra-Rubrik für Hörertreffen. Unsere Community hat in der Vergangenheit schon mal eigene Treffen in deutschen Großstädten organisiert, neulich war Fabian beim Hamburger Hörertreffen zu Gast (siehe Insider, Dezember 2023). Weil wir gesehen haben, dass immer weitere solcher Initiativen entstehen, wollten wir dem Raum und Form geben. Deshalb gibt es im Forum jetzt den Bereich Hörer-Treffen, wo Interessierte einen Termin einstellen und nach Teilnehmern suchen können. Umgekehrt könnt ihr hier bequem nachschauen, ob und wann sich in eurer Region SF-Hörerinnen und -Hörer zum gemütlichen Plaudern treffen. Aktuell sind bereits in acht Städten Treffen geplant, darunter Hamburg, München, Köln und Karlsruhe.

 

 

Im Januar kam Chris zu ein bisschen Hausmeisterei: Eine letzte Hauptfolge enthielt noch vorangeschaltete Werbung, nämlich SF #68: Defender of the Crown von 2017. Darauf hatten uns immer mal wieder Hörer hingewiesen. Inzwischen ist die Folge neu hochgeladen, ohne Werbung, und bei der Gelegenheit auch ein bisschen aufpoliert: Chris hat sie besser geschnitten und mit Kapitelmarken und Kapitelbildern ergänzt. Defender of the Crown Remastered, sozusagen. 

 

Stay Forever im Februar

 

Stay Forever: In Folge #141 reisen wir zurück in die Ära des Commodore 64, für den es noch SO VIELE Klassiker zu besprechen gibt. Einer davon ist dieses Mal dran. Und zwar ein Spiel mit Filmbezug von einer amerikanischen Firma, von der Gunnar sagt, er habe damals „alles von denen gespielt“, Chris dagegen gar nichts. Das kann ja heiter werden …

 

Super Stay Forever: Die erste Xbox hat in 70 Folgen Super Stay Forever bisher noch wenig Liebe erfahren, nur zwei Xbox-Spiele (nämlich Halo und Conker’s Bad Fur Day) haben wir behandelt. Höchste Zeit also für einen weiteren Titel. Welcher es sein soll, das haben wir unsere Unterstützerinnen und Unterstützer gefragt. Deutlich gewonnen hat Biowares Rollenspiel-Epos Star Wars: Knights of the Old Republic. Fabian und Gunnar freuen sich schon aufs Wiedersehen mit Revan, Bastila und natürlich HK-47!

 

 


Musik #14: Unsere jährliche Musikfolge droppt im Februar! Gunnar, Chris und Fabian rollen je vier epische (?) Tracks an den Start. Jeder erklärt dazu, warum ihm der jeweilige Song gut gefällt, die beiden anderen sind möglicherweise anderer Meinung. Am Ende hat man neben viel Zoff auch zwölf glorreiche (?) Musikstücke gehört. Wir wünschen viel Spaß!

 

Die Welt von Fallout: Rahel hat den Fallout-Experten Sebastian zu Gast, um mit ihm die Welt der Spieleserie Fallout zu erkunden. Was ist deren Hintergrundgeschichte, nach welchen Regeln funktioniert das Ödland, und was ist eigentlich in den ganzen Bunkern passiert? Gemeinsam ergründen die beiden die Faszination der Postapokalypse.

 

Unterstützer-Inhalte im Februar

 

Stay Forever Spielt: Stationfall – Nachdem wir unsere Staffel zum Infocom-Klassiker Planetfall überraschend schnell abgeschlossen hatten, machen wir direkt nahtlos mit dem Nachfolger Stationfall weiter. Der erschien zwar erst vier Jahre nach Planetfall, knüpft aber an dessen Geschichte an und funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Nur dass Infocoms Parser und Steve Meretzkys Fähigkeiten als Game-Designer in der Zwischenzeit gereift sind – was man Stationfall deutlich anmerkt. Begleitet uns auf eine verlassene Raumstation, wo nach und nach immer seltsamere Dinge vor sich gehen.

 

Wusstet ihr eigentlich …? Zwei unserer Themen aus dem Januar vertiefen wir im Februar mit Bonusfolgen: Zum einen treffen sich Gunnar und Fabian noch einmal, um über Kurioses rund um Codemasters’ Micro Machines-Serie zu sprechen. Zum anderen hat Henner noch einen ganzen Schwung amüsante Details zu Philips’ verunglücktem CD-i recherchiert, die er euch gemeinsam mit Gunnar erzählt.

 

Zehn Jahre klüger: Im Februar 2014 erschien endlich ein neues Dungeon Keeper, und die Fans so: Yay! Allerdings als Free-to-Play-Titel für Mobiltelefone, und die Fans so: Buh! Was für eine seltsame Politik betreibt Electronic Arts mit ihren alten Marken? Dieses und zwei weitere Themen behandeln Chris und André in der Februar-Folge von Zehn Jahre klüger.

 

Making Mags: Im Februar veröffentlichen wir eine weitere Classics-Folge von Making Mags. Dieses Mal spricht Michael Hengst über seine Zeit bei der Power Play, die er erst als Redakteur, ab 1993 dann als Chefredakteur mitprägte. Unter anderem erzählt Michael, warum er die Zeitschrift Anfang 1995 verließ, dann aber 1997 nochmal für ein halbes Jahr zurückkehrte. 

 

Gunnar anderswo

 

Die deutsche Business-Publikation „Gameswirtschaft“, betrieben von Petra Fröhlich (Ex-Chefredakteurin der PC Games), stellt jedes Jahr eine Gruppe von „Gameswirtschaftsweisen“ zusammen, erfahrene Frauen und Männer aus der deutschen Spielebranche. Diese Leute erhalten dann eine Reihe von Fragen zu Dingen, die sich in diesem Jahr (vielleicht) ereignen werden – und geben ihre Einschätzungen ab. Das ist ganz interessant, aber die Damen und Herren erweisen sich nicht immer als treffsicher. Unter den Experten ist übrigens auch ein Vertreter von Stay Forever: Gunnar gehört seit Jahren zum Gremium. Hier geht es zu den Teilnehmern, und hier zu den 2024er-Thesen.

 

 

Retroshirty: GBA-Pixelbuch

 

Diese Woche erst hat Gunnar eine gigantische Lieferung des brandneuen Pixelbuchs der erfahrenen Autoren Robert Bannert und Thomas Nickel entgegengenommen – 125 Bücher warten auf ihre Leser.

 

 

Das neue Pixelbuch dreht sich um Nintendos letzten Game Boy, den Game Boy Advance, der 2001 erschien und 2003 mit dem GBA SP verbessert wurde. Vielen unserer liebsten Super-Nintendo-Spiele haucht er neues, portables Leben ein – aber vor allem schenkt er uns jede Menge eigene Klassiker: Gleich zwei Advance Wars-Strategiespiele, mehrere Castlevania- sowie Metroid-Episoden, das vielleicht schönste 2D-Zelda, zwei unvergessliche Golden Sun-Rollenspiele, wunderschöne Monster-Turniere in seiner eigenen Pokémon-Generation und aus allen Rohren feuernde Shooter wie Gunstar Future Heroes bewiesen eindrucksvoll, dass Pixel-Grafik selbst zu Zeiten der PS2 noch immer zeitgemäß war.

 

 

Das GBA-PIXELBUCH schildert auf über 300 Seiten, wie sich die vielleicht beste Handheld-Generation angefühlt hat. Dabei illustrieren die Autoren die schönsten und wichtigsten Klassiker dieser mobilen Daddel-Ära mithilfe etlicher eigens für dieses Buch angefertigter Abbildungen und Level-Karten – noch zahlreicher, detaillierter und größer als in den ersten beiden PIXELBÜCHERN. Redaktionell wird die geballte Pixel-Pracht von zahlreichen Einordnungen, Analysen, Hintergrundberichten sowie einem Vorwort Heinrich Lenhardts flankiert.

Das GBA-PIXELBUCH gibt es bei uns im Shop auf retroshirty.com mit edlem Schuber und ohne Schuber.

 


Christians Neuzugänge

Chris entdeckt in einer großen Kiste aus England eine Nische der Spielegeschichte, die ihm bis dato unbekannt war.

Seit Jahren befindet sich in meiner Sammlung eine seltsame Version des alten Kriegsspiels Kampfgruppe. Ursprünglich war Kampfgruppe 1985 beim US-Publisher SSI erschienen, das Coverbild der übergroßen Pappschachtel zeigt Wehrmachts-Panzer, die in Richtung russischer Front rollen. Meine Version hat aber gar keine Box, sondern kam in einer Plastiktüte. Darin: Ein zwar geheftetes, aber offensichtlich kopiertes Handbuch und eine einzelne 3,5“-Diskette, wo doch das Originalspiel nur auf 5,25“-Disketten herausgekommen war. Die Diskette trägt kein Datum und auch sonst keinen Hinweis darauf, woher diese Version stammen könnte. Also schrieb ich sie ab als wertlose Kopie, die irgendjemand mal für den Eigenbedarf angefertigt hatte. Bis neulich, als ich unverhofft die Lösung des Rätsels entdeckte. Und zwar in einem riesigen Versandkarton aus England.

 

 

Ein britischer Verkäufer hatte auf Ebay den Nachlass eines passionierten Spielers aufgelöst. „Er besaß die beste Sammlung, die ich je gesehen habe“, erzählte er mir, „er hatte seit den 1970ern jedes Spiel gekauft, führte ein Logbuch über seine Spielerfahrung und schrieb lange Briefe an die Hersteller, in denen er sie lobte und ihnen Bugs meldete. Sowas hatte ich noch nie gesehen.“ Peter Simpson hieß dieser Mann, der bis zu seinem Tod Programmierer an der Universität in Cambridge gewesen war. Viele seiner Spiele ließ er sich direkt aus den USA zuschicken; dazu gehörten auch knapp 100 Disketten in Plastiktüten, jeweils mit einem Handbuch dazu, alle gleich aussehend. Lange stand dieses Konvolut auf Ebay, ohne dass sich ein Käufer fand, auch ich schlich wegen des hohen Preises monatelang drum herum. Schließlich siegte dann doch die Neugierde, wir wurden uns handelseinig, und ein paar Wochen später traf eine dicke Kiste bei mir ein. Ich war nun stolzer Besitzer von Dutzenden eingetüteten Titeln, die alle von einer einzelnen amerikanischen Firma kamen: der NovaStar Game Company. Noch nie gehört. Was genau hatte ich hier eigentlich erworben?

Zeitsprung: Wir sind im Jahr 1980. Beim US-Finanzamt arbeitet ein Mann namens David Landrey, der in seiner Freizeit einfache Rundentaktik-Spiele für den TRS-80 programmiert. Darüber lernt er den Lehrer Chuck Kroegel kennen, beide teilen die Leidenschaft für historische Tabletop-Kriegsspiele. Gemeinsam gründen sie die Tactical Design Group (TDG), um Computer-Kriegsspiele zu entwerfen – Landrey programmiert, Kroegel designt. Ihr erstes Werk, The Battle of Shiloh für Atari 400/800, bringen sie beim aufstrebenden Publisher SSI unter. Es folgen viele weitere, bis 1988 pumpen die beiden zwölf Taktikspiele in SSIs umfangreiches Portfolio. Als SSI die Dungeons-&-Dragons-Lizenz erwirbt, darf Landrey die direkt für ein Kriegsspiel verwursten, War of the Lance von 1989. Das floppte im Markt und ist heute ein gesuchtes Sammlerstück.

 

Das erste Spiel von David Landrey und Chuck Kroegel: The Battle of Shiloh (1981).

 

Chuck Kroegel hatte sich zwischenzeitlich von SSI anstellen lassen und dort Karriere gemacht, er stieg erst zum Entwicklungsleiter, dann zum Firmenchef auf. David Landrey steuerte Anfang der 90er das Entwicklungssystem für eine Handvoll SSI-Taktikspiele bei, stieg dann aber aus, um sich voll auf ein Geschäft zu konzentrieren, das ihm quasi nebenbei erwachsen war: Szenario-Disketten.

 

Battles of Napoleon (1988): Nein, hübsch ist das nicht, aber die inneren Qualitäten überzeugen.

 

Denn Landrey und Kroegel war 1988 ein kleiner Coup gelungen: Ihr zwölftes gemeinsames Spiel, Battles of Napoleon, bekam in der Fachpresse nachgerade enthusiastische Kritiken – „besser als Sex“ nannte es die Computer Gaming World schon in der Artikelüberschrift, und sowas hört man über Rundentaktik-Kriegsspiele ja eher selten. Battles of Napoleon war zwar kein Verkaufsschlager, baute sich unter amerikanischen Wargamern aber eine eherne Fangemeinde auf (das Spiel besitze „eine veritable Kult-Gefolgschaft“, staunt die Computer Gaming World fünf Jahre später). Grund dafür war eine Neuerung: Zum ersten Mal hatten Landrey und Kroegel einem ihrer Spiele einen Editor spendiert, mit dem sich eigene Gefechte erstellen ließen. Ein Teil der Kundschaft sprang darauf so stark an, dass bald handgemachte Karten kursierten, und auch Landrey selbst baute weitere Szenarios. In der internetlosen Zeit der späten 80er sind die jedoch nur schwierig unters Volk zu bringen. Das bringt Landrey auf eine Idee: Was, wenn man die besten Szenarios sammeln und per Post auf Disketten verschicken würde? So gründet er im Mai 1990 die Novastar Game Company.

 

Der erste Hinweis auf Landreys Unternehmung: Eine Anzeige direkt im Handbuch der PC-Version von Battles of Napoleon.

 

Zweck seiner neuen Firma ist genau das, nämlich Szenario-Disketten im Postversand zu vertreiben. Genauer gesagt: Szenario-Disketten für Kriegsspiele. Das betrifft zunächst nur Battles of Napoleon und läuft auch eher nebenher; in den vier Jahren bis 1994 veröffentlicht Landrey in gemütlichem Tempo sechs solcher Erweiterungen.

Doch dann gelingt SSI ein Dreifach-Schlag: Mitte 1994 erscheint Wargame Construction Kit: Tanks, zum Jahresende das erste Panzer General. Letzteres ist ein Mega-Hit, der die Weltkriegs-Taktik kurzzeitig in den Mainstream spült. Echten Wargamern ist Panzer General zwar zu casual, aber für die gibt’s ja Tanks, zudem legt SSI Ende 1995 Steel Panthers nach. Auch das wird, obwohl ein Hardcore-Wargame, in der Bugwelle von Panzer General ein Bestseller, denn Weltkriegs-Panzer sind gerade hip. Der Erfolg der drei Titel schwemmt Novastar neues Publikum zu, und so sieht David Landrey seine Chance gekommen. Er expandiert.

 

Steel Panthers (1995) ist SSIs erstes Taktikspiel, das hochauflösende SVGA-Grafik unterstützt – damals ein Augenschmaus im Genre.

 

1995 explodiert das Angebot von Novastar. Ab April führt Landrey einen monatlichen Newsletter ein, der Besitzern von Wargame Construction Kit: Tanks frische Karten frei Haus liefert. Elf Szenario-Disketten für das Spiel hat er da bereits im Angebot, Stückpreis 15 Dollar, 14 weitere sind in Arbeit, dazu drei neue für Battles of Napoleon. Auch die Szenario-Disketten kann man im Abo beziehen; einer dieser Abonnenten ist Peter Simpson in England, deshalb bekommt er Monat für Monat Post von Novastar aus den USA. Novastar verkauft nicht nur die Erweiterungen, sondern auch die Hauptspiele selbst, dazu Patches ($1, im Abo gratis), Datenbank-Updates ($10 für die “Modern Database” mit 350 neuen Einheiten) und Tools wie die Software-Bremse Mo’Slo, damit sich das olle Battles of Napoleon auf rasend schnellen 486ern überhaupt noch vernünftig spielen lässt. Bald folgt ein zweiter monatlicher Disketten-Newsletter mit Szenarios für Steel Panthers. Nur Panzer General bekommt nie Novastar-Erweiterungen, denn das Spiel kommt ohne Editor – und den braucht Landrey zwingend für sein Geschäftsmodell.

 

Eine Auswahl von Novastar-Produkten aus Peter Simpsons Sammlung: Newsletter, Szenario-Disketten, Beilagen, Korrespondenzen und Original-Versandumschläge.

 

Für den nötigen Output sorgt zunächst ein Stab von Laien, die in ihrer Freizeit Karten bauen. 30 Dollar zahlt Landrey ihnen für ein Szenario für Battles of Napoleon, 50 Dollar für eines für Tanks. Bald stellt er eigene Designer an, denn Novastar kommt kaum noch hinterher. Als 1996 Wargame Construction Set: Age of Rifles erscheint, sucht Landrey im Newsletter händeringend nach Kartenbauern, um auch dort den Bedarf decken zu können. Bald arbeiten einige der bekannten Namen der Szene für Novastar, Wild Bill Wilder etwa, dessen gründlich recherchierte, sauber ausbalancierte Szenarios bei den Fans sehr beliebt sind. Und weil Novastar die Expertise hat, kauft nun auch SSI bei Landrey ein: Steel Panthers und Age of Rifles erscheinen direkt mit mehreren Dutzend Levels, die Landreys Leute zugeliefert haben. Im Gegenzug enthalten die Handbücher von Steel Panthers & Co. eine Anzeigenseite, die direkt auf die Novastar-Szenarios verweist. Eine Win-Win-Situation für beide Parteien. 

 

Ein Ausschnitt aus dem Novastar-Katalog, Februar 1996: Dutzende von Szenarien auf Diskette.

 

Es brummt also. So sehr, dass Landrey die nächste große Idee verfolgt. Im Dezember 1996 sinniert er im hauseigenen Newsletter (inzwischen in The War Zone umbenannt) das erste Mal über eine „Mega Campaign“ – eine monatelang laufende Kampagne für das inzwischen erschienene Steel Panthers 2, in der man einen gesamten historische Feldzüge durchläuft, dabei Einheiten von Schlacht zu Schlacht übernimmt, Technologien entwickelt und je nach Erfolg unterschiedliche Verzweigungen erlebt. Die dazugehörigen Karten sollen im Laufe mehrerer Monate nach und nach per Post kommen, im Abo, versteht sich. Die Idee stammt vermutlich aus Panzer General, aber weil Steel Panthers 2 so etwas ab Werk nicht unterstützt, lässt Landrey seinen hauseigenen Programmierer Michael Wood die notwendigen Tools basteln. Es dauert bis Oktober 1997, dann fällt endlich der Startschuss für das epochale Werk: Der erste Teil der Mega-Kampagne erscheint, die im Laufe der Zeit den gesamten zweiten Weltkrieg nachbilden soll. Es hätte Novastars Kronjuwel sein sollen, stattdessen wird es zum Abgesang.

Denn zu dem Zeitpunkt geht es Novastar längst schlecht. Seine drei Vollzeit-Mitarbeiter hat Landrey bereits entlassen, Novastar besteht nur noch aus ihm und seiner Frau Martha. Schon Ende 1996 musste Landrey wieder in Vollzeit bei SSI anheuern, weil das Geld nicht reichte. Novastar hatte sich zum einen geschäftlich überstreckt; die Firma war zu schnell gewachsen, hatte viel zu hohe Kosten. Zum anderen kam ab Mitte der 90er das Internet auf – und damit ein kostengünstiger Zugang zu Daten. Wer sich Szenarios im Netz herunterlädt, braucht kein Disketten-Abo mehr per Post. Als das Ehepaar Landrey im Sommer 1998 auch noch eine ihrer Töchter bei einem Badeunfall verliert, ist ihr Wille zum Weitermachen gebrochen. Zum Dezember 1998 wickelt David Landrey seine Firma ab, acht Jahre nach ihrer Gründung. Und zieht sich für immer aus der Spielebranche zurück; ab da verliert sich seine Spur. Die Idee der Mega-Kampagne lebt in der Wargaming-Szene noch eine Weile weiter, Michael Wood nimmt sie mit zum Entwickler HPS Simulations, um sie für dessen Spiele Tigers on the Prowl und Panthers in the Shadow umzusetzen, 2000 taucht sie in Steel Panthers: World at War von Matrix Games nochmal auf.

 

Battles of Napoleon in der Novastar-Plastiktüte.

 

Aber was hat das alles mit meiner Kampfgruppe-Plastiktüte zu tun? Nun, in der großen Kiste mit Peter Simpsons Novastar-Sammlung fand ich zu meiner Überraschung eine zweite solche Tüte, diesmal gefüllt mit Battles of Napoleon: 3,5“-Diskette, kopiertes Handbuch. Denn David Landrey vertrieb über Novastar ja auch die Hauptspiele. Dazu hatte er SSI zunächst deren Restposten alter 80er-Jahre-Titel abgekauft; als die aufgebraucht waren, holte er sich 1994 die Erlaubnis, einen Schwung alter Titel nachproduzieren zu dürfen. Um die Herstellungs- und Versandkosten überschaubar zu halten, verzichtete Landrey für diese Re-Releases auf die Schachtel und sonstige Beigaben. Stattdessen kopierte er das jeweilige Handbuch, schrieb das Programm auf eine 3,5“-Diskette und packte beides, wie alle Novastar-Produkte, in: eine Plastiktüte. So kam Battles of Napoleon zu Peter Simpson. Und so kam auch Kampfgruppe über Umwege zu mir. Dessen Plastiktüten-Version ich jetzt, wo ich seine Geschichte kenne, sogar mehr schätze als die originale Box, die im Regal daneben steht.


From Ants to Zombies: Six Decades of Video Game Horror

Ende 2023 ist im englischen Verlag Bitmap Books ein dicker, schicker Wälzer über die Geschichte der Horrorspiele erschienen. Doch hält der Prachtband auch den kritischen Augen unserer Horrorhexe Rahel stand?

Mehr als 130 Horrorspiele! Für über 70 Hardware-Plattformen! In einem vollfarbig gedruckten Buch! Mit 664 Seiten und einem Gewicht von über 2 kg ist From Ants to Zombies: Six Decades of Video Game Horror ein unübersehbarer Hingucker im Regal. 

 

 

Vorweg sei gesagt: Der Titel ist etwas irreführend, denn das Sachbuch ist weder eine alphabetisierte Enzyklopädie noch eine historische Aufarbeitung des Horrorgenres im Videospiel. Vielmehr stellt Alexander Chatziioannou in knappen Porträts die Titel vor, die er für besonders wichtig erachtet. Seine Auswahl ist recht subjektiv – und genau deswegen erfreulich kontrovers. Kaum ein Abschnitt, in dem man beim Lesen nicht selbst eine persönliche Bestenliste anlegt; kaum ein Kapitel, bei dem man nicht von teils obskuren Titeln überrascht wird oder aber bei vergessenen Klassikern noch einmal neu in Erinnerungen schwelgen kann.

Allerdings gibt es zwei Punkte, die den Lesespaß bei From Ants to Zombies etwas schmälern. Als erstes fällt hier die recht arbiträre Aufteilung der Spiele auf. Die einzelnen Kapitel befassen sich mal mit thematischen Subgenres („Space Horror“, „Haunted Mansions“), dann wieder mit bestimmten Figuren („Relentless Pursuers“, „Universal Monsters“), um schließlich einen großen Zeh in Spielgenres zu tauchen („Text Adventures“, „Interactive Movies“) und mit dem Kapitel „New Retro“ in einem unförmigen Sammelbecken abzuschließen. Was aber ist mit denjenigen Spielen, die in mehrere dieser Kategorien passen? Das offenbart bereits das erste Kapitel, das uns in die erschreckenden Weiten des Weltraums entführt. Die Einleitung erwähnt den viel gelobten C64-Klassiker Project Firestart, da er schließlich zu den bahnbrechenden Space-Horror-Spielen von Electronic Arts gehöre. Doch der Titel ist im Kapitel nicht enthalten und wird erst im Abschnitt „Survival Horror“ vorgestellt. Immer wieder ‚stehlen‘ sich die jeweiligen Kategorien so gegenseitig ihre Titel und verfehlen damit ein Stück weit ihren Zweck, die schiere Masse an besprochenen Spielen sinnvoll zu sortieren.

 

 

Der zweite Kritikpunkt trifft die Texte, die in kurioser Umkehrung des „Form folgt Funktion“-Prinzips in ein straffes, stets gleichbleibendes Korsett gezwängt werden: Jede Spielbesprechung besteht aus einer doppelseitigen Illustration und einem zwei- oder vierseitigen bebilderten Text. Das hat den positiven Effekt, dass die jeweiligen Titel als nahezu ebenbürtig behandelt werden, denn ihnen allen wird derselbe Raum zugesprochen. Lediglich besonders wichtige Spiele stellt das Buch auf vier Textseiten vor. Gleichzeitig setzt die Form den Inhalten klare Grenzen. Vorwissen zu den Spielen sollte man mitbringen, denn die jeweiligen Abschnitte können in der Regel nicht sonderlich auf Handlung und Spielmechanik eingehen. Auch fällt damit die kritische Diskussion der Titel – warum sie denn so wichtig sind – immer wieder unter den Tisch. Besonders deutlich wird das in den zahlreichen Abschnitten, die Interviews mit den Spieleentwicklern enthalten. Nach einem einleitenden Absatz von höchstens drei Sätzen überlässt Chatziioannou seinen teils sehr ausschweifenden Interviewpartnern die Bühne, ohne ihre Aussagen jemals zu diskutieren oder analysieren.

Kann man über diese zwei Punkte hinwegsehen, dann ist From Ants to Zombies das perfekte Buch zum Schmökern. Es sticht insbesondere deswegen aus der Masse hervor, weil es sich nicht ausschließlich mit älteren oder aber neueren Spielen befasst, sondern einen Rundumblick liefert. Denn selbst, wenn Chatziioannou sein Sachbuch nicht als Chronologie des Horrorspiels versteht, so zeigen schon allein die enthaltenen Screenshots die spannende Entwicklung auf, die das Genre im Lauf der Jahrzehnte durchgemacht hat. Hinzu kommen die kurzen Porträts, die zwar keine bahnbrechenden, tiefgründigen Einblicke bieten, aber immerhin einen guten Eindruck des jeweiligen Spiels vermitteln.

Doch das wichtigste, abschließende, unschlagbare Kaufargument kommt zum Schluss: Nicht nur ist From Ants to Zombies mit einer wunderschönen Cover-illustration ausgestattet, die von reißerischer B-Movie-Schrift begleitet wird. Viel besser: Der Umschlag leuchtet im Dunkeln.

 


Prince of Persia: The Lost Crown

Ubisoft entstaubt Jordan Mechners Prince of Persia und kombiniert in The Lost Crown 2D-Retro-Flair mit Tugenden der 3D-Teile.

Endlich mal gute Nachrichten rund um Prince of Persia! Nach Forgotten Sands aus dem Jahr 2010 mussten Fans fast 15 Jahre lang leiden. 2020 wurde zwar ein aufwendiges Remake von Sands of Time, DEM 3D-Klassiker der Reihe angekündigt, doch zwei Ubisoft-Studios in Indien verhoben sich daran kolossal – ein erster Trailer erntete viel Spott. Schließlich migrierte Ubisoft das Projekt zum Vorzeigestudio in Montreal, seitdem war davon aber nichts mehr zu sehen.

Im Sommer 2023 enthüllte man ein Überbrückungsspiel: The Lost Crown. Das ist ganz ohne Verzögerungen am 18. Januar erschienen – und bestechend gut. Ubisofts Montpellier-Studio hat ein 2,5D-Metroidvania gebaut, das sich vor den Größen dieser Spielart nicht verstecken muss. Zwar ist der Protagonist namens Sargon neu, doch der rennt, springt, klettert und schwingt elegant wie eh und je, denn die verschachtelte Spielwelt bietet allerlei klug konstruierte Geschicklichkeitspassagen. Das Kampfsystem kommt mit wenigen Tasten aus, bietet in seinen Details aber viel Tiefgang und verlangt dem Spieler einiges ab. The Lost Crown schafft es, selbst Standardgegner zu einer spürbaren, aber nicht nervigen Herausforderung zu machen. Bei den teilweise riesigen und oft fantasievollen Bossen kommt fast „Souls“-Feeling auf – das richtige Verständnis für den Einsatz von Paraden und Ausweichrollen ist hier unabdingbar.

 

Duelle mit Bossen sind besondere Highlights.

 

Um dennoch niemanden zu vergraulen, kann man den Schwierigkeitsgrad in vier Stufen anpassen oder ihn auf Basis verschiedener Parameter individuell konfigurieren. Außerdem gibt es einen geführten Modus, der mehr Hinweise auf der Automap enthält, und eine Variante für unerschrockene Entdecker mit weniger Hilfestellungen. Tatsächlich kann man sich in The Lost Crown durchaus verlaufen, die Spielwelt am verfluchten Berg Qaf ist ebenso riesig wie geheimnisvoll und abwechslungsreich. Für einen Durchlauf sind gut 20 Stunden nötig, durchaus viel im Metroidvania-Umfeld.

 

Vertrackte Sprungpassagen gibt es zuhauf.

 

Jedes Mal, wenn das aktuelle Set an Fertigkeiten vollständig gelernt ist und das Spiel zur Routine zu werden scheint, wird das Ganze um neue interessante Talente und Mechaniken ergänzt. Diese orientieren sich gern an typischen Eigenschaften der Reihe. Wir möchten hier nicht spoilern, die Manipulation von Zeit und Raum spielt aber eine wichtige Rolle.

 

Spezielle Federn verleihen Sargon neue Skills.

 

Kritisieren kann man eine gewisse visuelle Zweckmäßigkeit: The Lost Crown ist nicht überbordend schön, aber zumindest stilsicher. Dafür läuft es auch auf alten PlayStation-4- und Xbox-One-Konsolen mit 60 Bildern pro Sekunde. Gleiches gilt für die Nintendo Switch, die in der Entwicklung eine primäre Rolle gespielt hat. Auf aktuellen Highend-Systemen erreicht das Spiel auch in 4K gar 120 Bilder pro Sekunde, wenn ein entsprechendes Display vorhanden ist.

Man kann Ubisoft zu diesem Comeback nur gratulieren. Der Frust über das vermisste Remake von Sands of Time verfliegt angesichts der Qualität dieses tollen Metroidvanias – vermutlich wäre The Lost Crown ohne die Probleme des Schwesterprojekts erst gar nicht entstanden. Glück gehabt!

 

Die visuellen Hilfen auf der Karte lassen sich anpassen.


Retronews

Christopher hat für euch die Internet-Archive durchforstet und präsentiert aktuelle Ereignisse und Veröffentlichungen aus der Welt der Retro-Spiele.

Atari 400 feiert Comeback als Miniaturkonsole – Der legendäre Atari 400 kehrt zurück, jedoch nicht in seiner originalen Größe, sondern als Miniaturversion mit moderner Technologie im Inneren. Retro Games und Plaion haben THE400 Mini angekündigt, eine Miniaturkonsole, die den Charme des Originals einfangen soll, aber mit zeitgemäßer Hardware ausgestattet ist.

 

 

Die Miniaturversion des Atari 400 ist ungefähr halb so groß wie das Original und bietet dennoch die Möglichkeit, die gesamte 8-Bit-Atari-Reihe zu emulieren. Von den Anfängen mit dem Atari 400 bis hin zum 800XL und der Atari-5200-Heimkonsole können Retro-Fans in die Atari-Ära eintauchen. Die Markteinführung der THE400 Mini ist für den 28. März 2024 mit einem Preisschild von 120 Euro geplant. Im Lieferumfang enthalten ist eine Nachbildung des klassischen Atari CX40-Joysticks mit sieben integrierten Funktionstasten, der auch separat für 30 Euro erhältlich sein wird.

THE400 Mini wird mit 25 vorinstallierten Spielen ausgeliefert, darunter Klassiker wie Berzerk, Boulder Dash, Missile Command und M.U.L.E.; Nutzer haben zudem die Möglichkeit, über einen USB-Stick weitere Retro-Games zu laden, wobei Cartridge-, Disketten- und Kassetten-ROMs unterstützt werden.

THE400 Mini bietet moderne Features: Fünf USB-Anschlüsse ermöglichen den Anschluss von Tastaturen, zusätzlichen Joysticks und Gamepads sowie anderen Geräten. Eine Rückspulfunktion erlaubt es Spielern, das Geschehen bis zu 30 Sekunden zurückzusetzen, während Speicherstände den Fortschritt in den Spielen sichern.

Weitere Funktionen wie unterschiedliche Output-Formate und die Kompatibilität mit diversen USB-Controllern sollen das Paket abrunden. Das Gerät kann bei dragonbox.de oder Amazon vorbestellt werden.

 

 

Die Geheimnisse der Nintendo Adventure Books enthüllt – Ein kürzlich veröffentlichter Artikel auf TimeExtension.com beleuchtet die Faszination der Nintendo Adventure Books aus den 80ern und unternimmt dabei eine spannende Entdeckungsreise hinter die Kulissen. Ein Kontakt mit den Autoren dieser Abenteuerbücher, Clyde Bosco, Bill McCay und Matt Wayne, ist unmöglich, denn im Interview mit dem Time-Extension-Team verriet Autor Russell Ginns: Er verfasste die meisten der Bücher unter Pseudonymen, die Bücher der genannten Autoren stammen von ihm.

 

 

In dem spannenden Artikel, halb Interview, halb Recherche, graben die Autoren und Ginns die Geschichte der obskuren Nintendo-Spielbücher aus: wie Russell Ginns zu Nintendo stieß, die allumfassende Marketing-Strategie Nintendos Anfang der 90er-Jahre (Cartoons, Comics, Bücher) und die schwierige Zusammenarbeit an der Mega-Franchise des Giganten Nintendo.

In einer der diversen Anekdoten im lesenswerten Artikel berichtet Ginns: „Für jede Geschichte habe ich zunächst ein großes Flussdiagramm auf Millimeterpapier erstellt, in dem die gesamte Handlung in Kästchen mit vier bis fünf Wörtern dargestellt war. Ich habe es mir zur persönlichen Herausforderung gemacht, jeder Sackgasse einen völlig anderen 'Game Over'-Tod zu geben, sodass es ziemlich surreal wurde. Man fällt in Gruben, wird geplättet und in Sandwiches verwandelt. Ich stellte mir vor, dass ich eines Tages ein Buch mit dem Titel Game Over veröffentlichen würde, das nur die Seiten enthält, auf denen Mario, Luigi und Link ein paar hundert Mal ein gewaltsames Ende finden.“ Den (englischen) Artikel gibt es bei timeextension.com. Im ersten SF-Magazin gab es zu dem gleichen Thema einen kurzen Artikel von Spielbuch-Connaisseur Gunnar, der über seine Erfahrungen mit dem Band Dinosaur Dilemma berichtet.

 

 

Sinfonische Nobuo Uematsu-Weltpremiere in Deutschland – Merregnon ist eine Reihe von Musikproduktionen, die Orchesterkompositionen und Fantasy-Geschichten kombinieren. Am 29. Februar 2024 findet die Weltpremiere der vierten und neuesten Produktion, Merregnon: Heart of Ice, statt. Eckehard Stier dirigiert die Deutsche Staatsphilharmonie von Ludwigshafen bei diesem Konzert, das neue Musikstücke von Nobuo Uematsu, Komponist vieler Final Fantasy-Teile, präsentiert. Thomas Böcker, bekannt für Produktionen wie Final Symphony (FF-Konzertreihe) und Symphonic Fantasies (Square-Enix-Kompositionen), ist der kreative Kopf hinter Merregnon: Heart of Ice. Er hat uns ein paar Fragen zu seinem neuesten Projekt beantwortet.


Stay Forever: Beschreib mal bitte in 2-3 Sätzen deinen Beruf, was hält dein Werk zusammen, was ist deine exakte Rolle in deinen Projekten?

Thomas Böcker: Ich bin seit 20 Jahren künstlerischer Leiter und Produzent der Konzertreihen Game Concerts (u.a. Final Symphony, die offizielle Final Fantasy-Konzerttournee, oder die Konzertfilme zu Skyrim, Starfield, etc.) und Merregnon (Land of Silence, Heart of Ice). Das heißt, ich konzipiere, leite und produziere Orchesterkonzerte.

SF: Was ist Merregnon, wie kann man das Projekt beschreiben?

TB: Merregnon ist eine Art „Peter und der Wolf“ für die Playstation-Generation. Das heißt, es geht darum, einem jungen Publikum, aber auch ganzen Familien die Schönheit des Orchesterklangs zu vermitteln. Das Besondere: Wir machen das mit modernen Mitteln. Dafür kooperiere ich mit Komponistinnen und Komponisten wie Yoko Shimomura (Street Fighter II, Super Mario RPG, Kingdom Hearts) oder neuerdings Nobuo Uematsu (Final Fantasy-Serie, Lost Odyssey, Fantasian), die komplett neue Musik für die Projekte schreiben. Bei den Illustrationen für Merregnon orientieren wir uns an einer Anime- und Manga-Ästhetik, wofür ich mit verschiedenen Animationsstudios zusammenarbeite.

SF: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Nobuo Uematsu? Wie gestaltet sich diese Zusammenarbeit?

TB: Mit Nobuo Uematsu bin ich seit über 20 Jahren befreundet, er war 2003 als Ehrengast beim Eröffnungskonzert der Games Convention im Leipziger Gewandhaus, das ich produzierte. Seitdem haben sich unsere Wege immer wieder gekreuzt, vor allem durch meine Final Symphony-Konzerte. Wir wussten, dass wir irgendwann ein gemeinsames, neues Projekt starten, unsere eigene Geschichte erzählen wollten. Mit Merregnon: Heart of Ice ist es nun soweit – und ich bin sehr stolz darauf, seine wunderbare Musik für mein Projekt bekommen zu haben.
Nobuo Uematsu erhielt detaillierte Informationen zu allen Charakteren und Szenen sowie ein reich illustriertes Concert Storyboard, woraufhin er mit dem Komponieren begann. Nach einigen Monaten des Schreibens wurden seine Musikstücke einem Arrangeur übergeben, der sie für die Orchesteraufführung vorbereitete.


Moderiert wird der Abend von Nino Kerl, dessen Stimme Stay-Forever-Hörer aus dem Podcast-Intro kennen. Tickets und mehr Informationen gibt es bei basf.com.

 

Die Krise der Gaming-Magazine – Jüngst wurden die Printausgaben der ehemals großen Magazine GamePro und Games Aktuell eingestellt, die Aufmerksamkeit online verschiebt sich vor allem auf reißerische Newsmeldungen und Clickbait mit wenig Inhalt. Feuilletonistische Ansätze fallen dabei vom Tellerrand des deutschen Games-Journalismus, so konnte das Wasted-Online-Magazin bis zur Einstellung 2023 nicht genug Fahrt aufnehmen, um zu überleben. Den Gründen für diese Verschiebung im Games-Journalismus geht ein Artikel auf taz.de nach, der nicht nur den Status Quo rekapituliert, sondern auch zwei Köpfe ganz unterschiedlicher Games-Medien zum Thema befragt: Markus Schwerdtel, Mitglied der Chefredaktion der GameStar, ist zufrieden mit dem Zustand der Branche: „Man muss sich nur davon lösen, dass es unbedingt ein gedrucktes Magazin oder eine klassische Website sein muss.“ Jörg Luibl, der sich nach dem großen Rauswurf der 4Players-Redaktion mit seinem Projekt Spielvertiefung selbstständig gemacht hat, sieht die Lage sehr viel kritischer, weist vor allem auf unsaubere Praktiken hinter den Kulissen hin. Den interessanten, aber leider recht knappen Artikel findet ihr auf taz.de.

 

 

Die Killer-App Rebel Assault – Der ehemalige Gameswelt-Autor Andreas Altenhauser, der auch an der Recherche mancher unserer Making-Mags-Folgen beteiligt war, berichtet in einem Retro-Rückblick bei golem.de vom LucasArts-Klassiker Star Wars: Rebel Assault, der 1993 hohe Anforderungen an die Spielerschaft stellte: Rebel Assault war das erste reine CD-ROM-Spiel von LucasArts und wohl, neben dem im gleichen Jahr erschienenen Myst, einer der größten Anreize, im Elektronik-Laden der Wahl ein Laufwerk zu erwerben.

 

 

Dabei berichtet Andreas nicht nur aus zweiter Hand, sondern schöpft aus eigenen Erinnerungen: Auch er lief zum Weihnachtsgeschäft '93 in den Laden, um Rebel Assault-fähige Hardware anzuschaffen. Daraus entspinnt sich ein interessanter Erfahrungsbericht, in dem der Autor das Erlebnis damals mit der nüchternen Betrachtung heutzutage abgleicht. Dabei wurde auch damals Rebel Assault mehr Schein als Sein attestiert. Die CD-Grafik spielte zwar beeindruckende Filme ab, das Gameplay ließ der Star Wars-Simulator aber größtenteils vermissen. Andreas macht sich für den Artikel sogar die Mühe, das 1993er-Erlebnis zu emulieren: „Die Kombination aus Röhrenmonitor, Pentium-II-Tower und Gravis-Analog-Pro-Joystick entpuppt sich als nahezu perfekt, um Rebel Assault fachgerecht zu würdigen.“ Andreas' launigen Bericht gibt es hier: golem.de.

 


Zeitreise

Ab in die Zeitmaschine! Christopher reist in die Vergangenheit und schaut sich Sid Meier's Alpha Centauri an, das diesen Monat 25 Jahre alt wird – der Strategie-Klassiker wurde im Februar 1999 veröffentlicht.

Wir steigen nicht 1999 in unsere Erzählung ein, sondern im Jahr 1996. Denn da machten sich drei große Namen der Spielehistorie selbstständig und gründeten das Studio, dem der spirituelle Nachfolger der Civilization-Serie entsprang. Die drei Herren waren Sid Meier, Brian Reynolds und Jeff Briggs, das neu gegründete Unternehmen war Firaxis, und das Spiel, das nach drei Jahren Arbeit im Februar 1999 erschien, war Sid Meier's Alpha Centauri.

Die Unabhängigkeit suchten die Gründer von Firaxis von ihrem vorigen Studio, Microprose, gegründet 1982 von Sid Meier und Bill Stealey. Letzterer war bereits 1994 abgesprungen, kurz nachdem Microprose mit Spectrum Holobyte fusioniert hatte. Microprose Software wurde als separates Tochterunternehmen unter Spectrum Holobyte bis 1996 weitergeführt. In diesem Jahr begann Spectrum Holobyte damit, einen Großteil der Microprose-Mitarbeiter zu entlassen, um die Kosten zu senken. Bald darauf wurden alle Titel unter dem Markennamen Microprose zusammengefasst und das Unternehmen in Microprose umbenannt. Der verbleibende Mitbegründer von Microprose, Sid Meier, sowie Briggs und Reynolds verließen das Unternehmen nach dem Personalabbau und gründeten Firaxis.

 

Meier, Reynolds, Briggs

 

Jeff Briggs, der 1987 bei Microprose anheuerte, wo er als Designer, Autor, Komponist und Produzent tätig war und schließlich zum Executive Producer und Leiter der Produktentwicklung des Unternehmens aufstieg, kommentierte den Ausstieg so: „Es sah nicht gut aus. Man verlangte von mir, Dinge zu tun und den Leuten Dinge zu sagen, die mir einfach nicht gefielen. Ich beschloss, dass ich das Unternehmen viel besser führen konnte als sie, also ging ich.“

Im Juli 1996 bestand das neue Unternehmen Firaxis Games aus fünf Leuten, die in einem gemieteten Büro im hinteren Teil des Absolute Quality-Gebäudes in Hunt Valley, Maryland, zusammensaßen. Absolute Quality war wie Firaxis eine neue Firma, die sich aus Microprose-Ehemaligen zusammensetzte, hauptsächlich der Qualitätskontrolle-Abteilung. AQ wurde zur Outsourcing-Lösung großer Entwickler und Publisher wie Hasbro Interactive, Virgin Interactive und Broderbund und bot Qualitätskontrolle und technischen Support. Da man sich bereits kannte, wird es unproblematisch gewesen sein, Firaxis einen Teil des Bürogebäudes zu überlassen, dazu erzählte Brian Reynolds 1998 eine Anekdote: Firaxis kaufte eine Telefonanlage für AQ und tauschte sie gegen die Nutzung der Büroräume ein.

 

Executive Plaza III in 11350 McCormick Road, Hunt Valley, Maryland, wo sich der Hauptsitz von Firaxis Games befand

 

Briggs, Meier und Reynolds waren ein starkes Trio: Briggs hatte bereits an Colonization und Civilization 2 als Designer mitgearbeitet und war zudem der Musik-Spezialist im Hause Microprose, Sid Meier als Genie hinter Civilization bedarf kaum einer Erklärung, und auch bei dem Namen Brian Reynolds klingelt es bei Strategiefans: Für das erwähnte Civ 2 war nicht mehr Sid Meier der Fadenzieher, sondern Brian Reynolds. Reynolds beschrieb Sid Meiers Rolle so: „Nach Colonization war Sid eigentlich nur noch dem Namen nach beteiligt. Wir haben zu Beginn des Projekts etwa zwei Stunden lang über Civ 2 gesprochen, und das war's dann auch schon – ich bin Sid sehr dankbar, dass er bereit war, mir ein so cooles Spiel anzuvertrauen. Von da an war ich als Lead Designer praktisch auf mich allein gestellt.“

 

Civilization II

 

Während die Civ-Lizenz noch bei Microprose lag (nicht mehr lange ...), werkelte das Firaxis-Trio unter der Ägide von Brian Reynolds an ihrem neuen Spiel: Alpha Centauri. Zu dieser Zeit waren Science-Fiction-Spiele definitiv nicht das Erste, was einem in den Sinn kam, wenn man an Firaxis dachte. Mit einer Fülle von Kenntnissen über historische Schauplätze und Spielabläufe hatten sich die Firaxis-Kreativen als führende Designer im Bereich der historischen Spiele etabliert. Science-Fiction- und Fantasy-Gefilde waren nicht gerade ihre Stärke; diese Genres wurden normalerweise anderen Entwicklern überlassen. Nach der Fertigstellung eines epischen Spiels, das die gesamte Menschheitsgeschichte bis in die heutige Zeit abdeckt, brauchte das Team jedoch eine neue Richtung. Als Kulisse wurde das Science-Fiction-Konzept der Zukunftsgeschichte gewählt. Future History ist ein Genre, bei dem es darum geht, aus dem momentanen Zustand der Menschheit eine fiktive Zukunft abzuleiten. Dem entgegen steht zum Beispiel das Genre der Alternativweltgeschichte, das Ereignisse in der Vergangenheit ändert und auf die Gegenwart oder Zukunft überträgt.

Im Juli 1996 begann die Entwicklung von Alpha Centauri. Sid Meier und Brian Reynolds starteten das Projekt mit der Erstellung eines spielbaren Prototyp-Codes, während Jason Coleman, ein Entwickler, mit den ersten Entwicklungsbibliotheken den Grundstein legte. Ende 1996 ging man dazu über, Spiele auf dem Prototyp zu testen und Mitte 1997 mit der Entwicklung der Multiplayer-Engine fortzufahren. Trotz erstmaliger Multiplayer-Unterstützung betonte Brian Reynolds die Bedeutung starker Computergegner. Seiner Meinung nach würden sich die Spieler hauptsächlich im Einzelspielermodus engagieren. Reynolds: „Ich beobachtete das Spiel so lange, bis ich sah, dass die KI etwas Dummes tat. Dann versuchte ich, das zu korrigieren, und wiederholte das Ganze ad infinitum. Über einen ausreichend langen Zeitraum hat das zu einer verdammt guten KI geführt. Ich habe immer versucht, der KI die gleichen erfolgreichen Strategien beizubringen, die ich beim Spielen verwende.“

Dem Gameplay merkt man Reynolds' Händchen an, das schon an Civ 2 schliff. Das Spiel übernimmt viele bekannte Elemente aus dem geistigen Vorgänger, jedoch mit dem Szenario geschuldeten Unterschieden und Neuerungen. Ähnlich wie in Civ errichten Spieler Basen, bauen Einrichtungen und erforschen Technologien, um ihre Fraktion voranzubringen. Wo in Civ Städte das Fundament der Zivilisation bildeten, sind es in Alpha Centauri Basen. Wo Spieler in der Vergangenheit Weltwunder errichteten, forschen sie jetzt an geheimen Projekten, anstelle anderer Zivilisationen gibt es Fraktionen. Eine interessante Spielmechanik ist das Terraforming, das es Spielern ermöglicht, das Terrain zu modifizieren und damit Einfluss auf Bewegung, Kampf und Ressourcen zu nehmen.

 

Ein Freie-Drohnen-Basis im frühen bis mittleren Spiel, mit begrenztem Terraforming

 

Eine weitere Neuheit ist die Sozialtechnik. Das heißt im englischen Spiel social engineering, das ist die politische und gesellschaftliche Steuerung, die sich im Spiel unter anderem durch die Wahl der Regierungsform, der Wirtschaft und der gesellschaftlichen Werte definieren lässt. Hier können Spieler ideologische Boni und Strafen anpassen, um ihre Fraktion besser an ihre Spielweise anzupassen. Wird meine Bevölkerung glücklich, wenn jeder nach der Erfüllung seines Potentials strebt? Oder kann ich sie einfach durch Gedankenkontrolle gefügig machen?

Dieses Konzept ist inzwischen ein klassischer Bestandteil des 4X-Genres, auch für die Civ-Reihe wurde diese Mechanik mit dem modularen Regierungssystem aus Civ 4 eingeführt.

 

Der Sozialtechnik-Bildschirm

 

Alpha Centauri markierte mehrere Meilensteine für Firaxis und führte öffentliche Betatests und Demos vor der Veröffentlichung ein. Ausgiebige Spieltests zielten darauf ab, optimale Strategien zu entwickeln und eine ausgewogene Fraktionsstärke zu gewährleisten. Aus den Betatests mit 25 Spielern gingen die Ideen für die diplomatischen und wirtschaftlichen Siege und die Zufallsereignisse hervor.

Und obwohl die vorab veröffentlichte Spieldemo nur als Marketing-Strategie geplant war, gab sie der Entwicklung des Spiels noch einen deutlichen kreativen Input: Das Studio verbesserte die Benutzeroberfläche des Spiels, fügte neue Funktionen hinzu, verbesserte die Regeln und die KI und stimmte die Fraktionen noch feiner ab.

 

Endgame-Anordnung der Freie-Drohnen-Basis, mit viel Terraforming und anderen Verbesserungen

 

Bei seiner Veröffentlichung wurde Alpha Centauri von den Kritikern hoch gelobt: Die Bewertungsportale GameRankings und Metacritic aggregieren Wertungen von 92 % bzw. 89 %. Trotz des Lobes der Kritiker verkaufte sich Alpha Centauri im Vergleich zu anderen Titeln der Civilization-Reihe relativ bescheiden. Die ersten Monate waren jedoch vielversprechend: Innerhalb von zwei Monaten nach der Veröffentlichung wurden mehr als 100.000 Exemplare verkauft, gefolgt von weiteren 50.000 im darauffolgenden Quartal. In den Vereinigten Staaten belegte Alpha Centauri in der ersten Jahreshälfte 1999 den zehnten Platz der meistverkauften Computerspiele und erreichte bis zum Jahresende 225.000 verkaufte Exemplare.

Trotz Bestnoten – die englische PC Gamer vergab bis heute nie übertroffene 98% – und Spiel des Jahres-Auszeichnungen verkaufte sich Alpha Centauri zuletzt schlechter als die bisherigen Sid Meier-Spiele, auch eine eigene Spielereihe konnte es nicht begründen. Mit dem Add-On Alien Crossfire endete die Geschichte Alpha Centauris, was möglicherweise auch am Weggang Brian Reynolds' im Jahr 2000 lag. 2001 entstand Civ 3 unter der Leitung von Jeff Briggs, der ohne Brian Reynolds zum Hauptentwickler avancierte. Die Lizenz konnten Sid Meier und Firaxis dafür nutzen, weil Microprose in der Zwischenzeit zusammen mit Hasbro Interactive vom französischen Publisher Infogrames übernommen wurde, die damit auch die Civ-Lizenz erhielten und mit Firaxis als Entwickler Civ 3 als Publisher vertrieben. Infogrames begann, den Markennamen Microprose langsam auslaufen zu lassen, wobei viele Microprose-Titel mit dem Infogrames-Logo auf der Verpackung neu aufgelegt wurden. 

Alpha Centauri ist heute noch gut spielbar, auf GOG gibt es das Komplettpaket mit Alien Crossfire bis zum 6.2.2024 im Angebot. Als 32-Bit-Spiel ist Alpha Centauri leider nicht mit MacOS 10.15 und neuer kompatibel.

 


... das war's, bis nächstes Mal!

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Liebe Grüße aus dem SFHQ

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