Neuigkeiten aus dem Stay-Forever-Hauptquartier!
 
#25 – MAI 2023

 

 

Liebe Leute,

Willkommen im Mai! 

Hier ist Gunnar. Ich bin schon über 50 Jahre alt, aber irgendwie schafft es diese Welt noch immer, mich zu verblüffen. Zum Beispiel bin ich über Ostern zu Verwandten ins Weserbergland gereist, das ist meine alte Heimat in Südniedersachsen. Ein, wie man heute sagt, strukturschwaches Gebiet voller kleiner Dörfer und mürrischer Menschen. Ich fahre sonst nur Fahrrad und Öffis, aber in dieser Gegend braucht man ein Auto, die Distanzen sind zu groß und die Haltestellen zu wenige. Ich fahre also mit dem Wagen durch die wunderschöne Landschaft entlang der B64, durch Orte mit einfallsreichen Namen wie Brunsen, Wenzen oder Eimen, da fällt mir ein Vorgarten auf. Ich drehe an der nächsten Einfahrt, fahre nochmal dran vorbei und ja, die Leute haben sich ein Rudel lebensgroßer Nazgûl an den Gartenzaun gestellt. Ja, Statuen dieser schwarzen Ringgeister aus dem Herrn der Ringe, im Vorgarten! Pic or it didn’t happen, höre ich euch rufen. Okay:

 

 

Leicht verblüfft, aber irgendwie bestätigt in meinem Nerdtum wende ich mich zu meiner Frau auf dem Beifahrersitz und sage: „Siehst du, du hast es noch gut getroffen! Bei uns gibt es allenfalls ein Star-Trek-Kinoplakat in der Küche!”. Ich habe dann noch interessante Deko-Ideen für unseren Garten vorgeschlagen, aber die Koalitionspartnerin hat ein grundsätzliches Veto eingelegt. Hmtja.

Egal, anderes Thema: Wir haben unser neues Printmagazin (das wir in der Wo wir stehen-Folge vorgestellt hatten) pünktlich fertig produziert, es geht in den nächsten Tagen sukzessive an die berechtigten Unterstützer raus. Wir zeigen hier noch keine Bilder, um nichts zu spoilern, nächsten Monat geben wir an gleicher Stelle aber einen kleinen Einblick in die Produktion und zeigen ein paar Seiten.

Und noch was Neues: Derzeit überarbeiten wir in unserem Shop Retroshirty eine Reihe der bestehenden Produkte. Bereits fertig ist ein neues Design für die beliebten Tassen:

 

 

Zudem haben wir eine Reihe neuer Bücher im Angebot: Dark Horse hat eine Reihe hübscher Bände zu großen Spielen in der „Encyclopedia“-Serie, davon bieten wir die Werke zu Halo, Super Mario und Legend of Zelda an. Ist ein Testlauf mit begrenztem Angebot, kann also sein, dass sie schnell ausverkauft sind. Wir ordern aber schnell nach, falls das der Fall sein sollte.

 

 

Ah, und noch ein Shoutout an unseren Fan Absinthus5: Der hat bei Spotify Playlists zu all unseren offenen Formaten angelegt, super Arbeit! Wer mal schauen möchte: Hauptfolgen, Stay Forever Spielt, Stay Forever Technik, Die Welt Von.

 

Stay Forever im Mai

 

Stay Forever: Nach der epischen Folge zu Ambermoon wollten sich Gunnar und Chris als nächstes ein kleineres Spiel für Folge 132 vornehmen … und sind dann doch bei einem großen Klassiker gelandet. Allerdings in einem ganz anderen Genre, nämlich der Echtzeit-Strategie. Es ist ein oft gewünschtes Spiel, über das es mal wieder einiges zu erzählen gibt.

 

Super Stay Forever: Die Konsolen-Ära beginnt doch mit dem NES, oder? Natürlich nicht, auch vorher gab’s schon wichtige Spielkonsolen, die allerdings bislang noch nie bei Super Stay Forever behandelt wurden. Mit Folge 62 wetzen Fabian und Gunnar diese Scharte aus und gehen sehr weit zurück in die Konsolengeschichte, zu einem von Gunnars frühen Lieblingsspielen. Dazu haben die beiden ein Interview mit dem Designer geführt, das wir wie gewohnt separat veröffentlichen.

 

Die Welt von: Im Mai unternimmt Rahel wieder eine Reise durch eine fiktionale Welt, diesmal durch das komplizierte Universum von Frank Herberts Dune. Als Reiseführer hat sie den Autoren Ben Calvin Hary gewonnen, der kenntnisreich vom Wüstenplaneten, seinen Fraktionen und seiner Hintergrundgeschichte berichtet.

 

Ausgefragt #9: Es ist wieder Zeit für Antworten auf Hörerfragen! Wir haben von euch Fragen eingesammelt, einen bunten Strauß davon ausgewählt, und wie gewohnt werden Fabian, Gunnar und Chris sie in launiger Runde beantworten.

 

Unterstützer-Inhalte im Mai

 

1893: A World’s Fair Mystery: In der ersten Mai-Woche endet unser Abenteuer auf der Weltausstellung in Chicago mit einem großen Showdown mit dem mysteriösen Strippenzieher. Anschließend reflektieren wir darüber, wie uns das Spiel gefallen hat – und weil wir wie immer gerne wüssten, wie das Spiel entstanden ist, folgt in der Woche darauf noch ein ausführliches Interview mit dem Designer Peter Nepstad. Peter gibt uns und euch Aufschluss über seine Beziehung zu Chicago und zur Weltausstellung, erklärt, woher die ganzen Bilder im Spiel stammen, was das Spiel eigentlich mal hätte werden sollen und auf welchen Wegen er versucht hat, die Verkaufsversion an den Mann zu bringen.

 

Sega Master System: Wusstet ihr eigentlich …? Anekdoten-Nachschlag, die erste: Henner und Chris haben noch einen Schwung kurioser Geschichten rund um Segas Master System parat. Unter anderem sprechen wir über das versteckte Spiel in der ersten Konsolenversion, betrachten noch mehr Sega-Heimcomputer und und fragen uns, wie das Gerät eigentlich heißt. „Master System”, ist doch klar – oder? Nun, es ist ein bisschen komplizierter. 

 

Ambermoon: Wusstet ihr eigentlich …? Man sollte meinen, dass nach der epischen Ambermoon-Folge alle Fragen geklärt sein dürften. Ist aber nicht so. Gunnar und Chris setzen sich nochmal zusammen und reden unter anderem über das alternative Ende des Spiels, über den Abstecher in die Welt von Dragonflight und über die Frage, wo sich die Artworks zu den Amber-Spielen heute befinden. Außerdem haben wir einen besonderen Ambermoon-Experten zu Gast für ein kurzes Interview. 

 

Making Mags: In der neuen Folge von Making Mags spricht Benedikt mit Christian Blendl, dem langjährigen Chefredakteur des Offiziellen Playstation Magazins (OPM) aus dem Cypress-Verlag. Das Heft war nicht das erste unter diesem Namen, zuvor hatte der Weka-Verlag die Lizenz von Sony. Wie sie zu Cypress kam, welche Vor- und Nachteile damit verbunden waren und wie der Nachfolger OPM 2 lief, das und vieles mehr erfahrt ihr in dieser Episode.

 

Heftkritik: GameStar 1/2001: Nach längerer Pause wird es höchste Zeit, mal wieder eine alte GameStar-Ausgabe zu besprechen, an der Gunnar und Chris beteiligt waren. Vor allem aber unser diesmaliger Stargast, Markus Schwerdtel, der nicht nur die Titelstory der Ausgabe geschrieben hat, sondern auch einige der großen Tests. Entsprechend viele Anekdoten hat Markus über die Entstehung der GameStar 1/2001 zu erzählen – unter anderem die abenteuerlichen Umstände, unter denen die Titelgeschichte zu Warcraft 3 entstand.

 

Zehn Jahre klüger: Im Mai 2013 enthüllt Microsoft in einer großen Pressekonferenz die lang erwartete Xbox One. Diese Enthüllung wird zu einem derartigen PR-Desaster, dass sich die Xbox One nie davon erholen und gegen Sonys Playstation 4 untergehen wird. Was ist da passiert? Das besprechen wir in der Rückschau ebenso wie Electronic Arts’ Zehn-Jahres-Lizenz für Star-Wars-Spiele, die ungewöhnlichen Ambitionen des MMO-Shooters Defiance und den brutalen Hype (und dessen unerwartete Konsequenzen) unseres Spiels des Monats. 

 

Stay Forever anderswo

 

In der ersten Mai-Woche steigt bei den Kollegen von GameStar zum zweiten Mal das Podcast-Festival, und auch dieses Mal sind Gunnar und Chris dabei. Am Donnerstag, den 4. Mai startet ab 20:00 Uhr der Live-Stream, das Thema der Gesprächsrunde lautet “Wie neu darf ein Spiel sein?” Wir sprechen über Fortsetzungen, Remakes und generell über Chancen und Risiken von Innovation innerhalb bekannter Spieleserien. Weitere Infos zum Podcast-Festival und dessen anderen Themen und Gästen findet ihr hier auf gamestar.de, der Stream steigt im Twitch-Kanal Monsters and Explosions

Wer zur Einstimmung nochmal das Video unseres letztjährigen Auftritts auf dem Podcast-Festival ansehen will, der findet das auf Youtube bei GameStar Talk.

Gunnar anderswo: Das deutsche Branchenmagazin IGM (International Games Magazine, Link) hat eine Rubrik namens „Die Branche kocht”, und da durfte für Ausgabe 6/2023 unser Gunnar ein Rezept beisteuern. Wer seine vegane Version von Dubu Kimchi nachkochen will, findet das Rezept hier (PDF).

 

 

 

Christians Neuzugänge

Christians Big-Box-Sammlung wird durch einen Ur-US-Amerikanischen Sport ergänzt.

Als Sierra On-Line in den 80er-Jahren den amerikanischen Heimcomputer-Markt zu dominieren beginnt, da findet sich im Portfolio zwischen Dutzenden von Adventures nur ein einziges Sportspiel: Sierra Championship Boxing von 1983. Erst als der Konkurrent Electronic Arts Anfang der 90er mit der John Madden-Reihe sensationelle Erfolge feiert, steigt auch Sierra ins Sport-Business ein. Fortan erscheinen unter der Marke Front Page Sports jährliche Football- und Baseball-Spiele, später kommen Golf, Abfahrtslauf und Sportangeln dazu, überwiegend produziert von den Sierra-Tochterfirmen Dynamix und Synergistic Software. Im Zuge diverser Verkäufe und Umstrukturierungen wird aus Front Page Sports ab 1998 Sierra Sports – Firmengründer Ken Williams ist da schon raus, Sierra stehen noch ein paar turbulente Jahre bis zum Untergang bevor.

Währenddessen kristallisiert sich ab 1997 ein neues Marktsegment im US-Geschäft heraus: Der fulminante Erfolg von Wizardworks‘ simpler Reh-Ballerei Deer Hunter führt zu einer Schwemme billig produzierter Titel, die als Mitnehm-Ware in großen Hochglanz-Packungen in landesweiten Ladenketten wie Walmart und K-Mart verkauft werden. Primäre Zielgruppe: die (Land-)bevölkerung der Südstaaten. „Bubba Games“ nennt die Spielezeitschrift Computer Gaming World das Genre, in dem US-Publisher nun nach Themen aus dem Redneck-Lifestyle fischen, vom Luftgewehrschießen über die Entenjagd bis hin zu Monster Trucks. Vorne mit dabei ist die Firma Head Games aus Minnesota, die Anfang 1999 ihrem Portfolio an „Extreme“-Sportarten den Titel Extreme Bullrider hinzufügt. Das Online-Magazin IGN urteilt: „Dieses Spiel stinkt schlimmer als ein Kuhfladen und macht in etwa so viel Spaß, wie in einen reinzutreten.“

Die Latte im überschaubaren Segment der Bullenreitsportspiele liegt also nicht allzu hoch, als Sierra im gleichen Jahr ebenfalls dort einsteigt. Professional Bull Rider ist mit Sicherheit der überraschendste Eintrag in der durchaus ernsthaften Sierra Sports-Reihe, zumal Sierra mit All-American Sports parallel ein eigenes Ramsch-Label besitzt. Aber dort gehört Professional Bull Rider auch gar nicht hin. Sierras Anspruch und Marketing-Power heben das Spiel in eine ganz eigene Kategorie: Es ist Edel-Ramsch.

Das beginnt schon bei der Packung. Vornedrauf klammert sich der siebenfache Champion Ty Murray mit aller Kraft an einen rasenden Bullen, während der Hintergrund von einer riesigen Explosion zerrissen wird; sicher eine Momentaufnahme aus einer typischen Bullriding-Veranstaltung. Hintendrauf schreit die Packung: „Und du dachtest, nur Kinder fressen Dreck!“ – ich gebe zu, da hatten sie mich.

Zwar habe ich keine Ahnung vom Bullen-Reitsport, aber das ist schnell behoben: Acht Sekunden lang muss sich der Cowboy auf einem wild springenden, ausschlagenden und rotierenden Stier halten, dann wird seine Leistung von Punktrichtern beurteilt. Bis zu 100 Punkte gibt’s für Technik und Eleganz, reines Oben-bleiben genügt nicht für Höchstwertungen. In der Geschichte des Sports schaffte bislang nur ein Mann die perfekte 100, Wade Leslie im Jahr 1991. Alles über 90 gilt als hervorragende Leistung. Nicht nur der Reiter bekommt Punkte, sondern auch der Bulle, der möglichst wild und fintenreich toben sollte.

Nun sind acht Sekunden nicht besonders lang; die Leistung von Mensch und Tier verdichtet sich auf einen extremen Moment, und wie jede Extremsportart flirtet auch das Bullenreiten mit der Gefahr. Mindestens 21 Reiter wurden seit 1989 von Stieren getötet, Verletzungen sind an der Tagesordnung. PBR-Profis führen Listen über die Anzahl ihrer Gehirnerschütterungen. „Der einzige Sport, in dem die Teilnehmer Nummern tragen, damit die Leiche leichter identifiziert werden kann!“, schnappt der Packungstext von Professional Bull Rider nach Luft, im Intro-Video werden schon mal die Krankentragen bereit gemacht, und nach dem unvermeidlichen Abwurf kommt im Spiel der „Scramble“-Part: die Flucht vor dem Tier, das den Reiter jetzt gern zu Matsch trampeln würde.

Klappern gehört hier zum Handwerk, aber dieses Handwerk nimmt Sierra ernst. Professional Bull Rider heißt so, weil es – wie jedes vernünftige Sportspiel – lizenziert ist, und zwar von der PBR, einer von mehreren US-Bullenreitligen. Die steuert wiederum zwei ihrer Stars bei, die dem Spiel ihr Gesicht leihen. Der Mann auf dem Titel, Ty Murray, hat zu dem Zeitpunkt schon sieben Meisterschaften gewonnen; seine Strategie fasst ein Kommentator anlässlich eines 90-Punkte-Ritts auf Little Yellow Jacket ehrfürchtig zusammen: „He just gets on and rides!“ Im Meisterschaftsjahr 1999 landet Murray nur auf Platz 2 hinter Cody Hart, der PBR-Champion wird, obwohl ihm beim Turnier in Nevada der Bulle „High Rise“ mit den Hinterhufen einen mitgibt und er sich beim Aufprall im Sand den Schädel aufreißt. Acht Mann müssen ihn auf der Trage aus der Arena hieven, während seine Frau konsterniert zusieht, was der Fernsehmoderator texanisch kommentiert: „Mrs. Cody Hart, she‘s no fan of this part of bullridin‘.“ 2008 heiratet Ty Murray die Sängerin Jewel, die ihn 2014 wieder abwirft – metaphorisch gesprochen natürlich, in Form der Scheidung.

Ty Murray bringt uns bei, wie man auf einem wilden Bullen draufbleibt. 

Star Nummer 2 ist Richard „Tuff“ Hedeman, mehrmaliger Weltmeister und Vorsitzender der PBR, der einerseits 1993 als erster Profi-Bullenreiter die Marke von einer Million Dollar eingesammelter Preisgelder knackt. Andererseits schafft er es, sich 1995 von Bodacious, dem „gefährlichsten Bullen aller Zeiten“, das Gesicht zertrümmert zu lassen; mehr als 13 Stunden Operation und sechs Titanplatten brauchten die Ärzte, um sein Antlitz wiederherzustellen. Aber Hedeman lebt noch, während Bodacious ein Jahr nach dem Erscheinen von Professional Bull Rider verstarb. Ein Zusammenhang wird nicht vermutet.

Murray und Hedeman führen Spieler von Professional Bull Rider in einem guten Dutzend kurzer Erklär-Videos in die Taktiken des Bullenreitens ein; dazu gibt’s eine Handvoll berühmte Ritte der beiden als Film-Einspieler. Das ist zwar etwas steif, aber inhaltlich durchaus okay, und vor allem zeigt es Sierras Anspruch, das Spiel mit Material und Inhalten zuzubomben. Vom Intro bis zur Post-Credits-Szene strotzt Professional Bull Rider vor atmosphärischen Videos, im Spiel ballert Country-Musik, Ritte und Turniere werden vom Profi-Ansager Justin McKee kommentiert, die Werbetafeln in den Arenen sind zugekleistert mit den Logos von einem halben Dutzend Sponsoring-Partnern, auf der CD-ROM liegt noch ein Bildschirmschoner als Bonus. Das Spiel unterstützt lokalen Multiplayer ebenso wie Online-Turniere über Sierras WON-Plattform. Und vor allem: Man kann nicht nur den Cowboy spielen, sondern auch den Bullen.

„Tuff“ Hedeman erklärt, wie es ist, ein Bulle zu sein.

Das ist eine beeindruckende Vielfalt für ein Spiel, das im Kern aus acht Sekunden plus Wegrennen besteht. Fehlt eigentlich nur, dass man auch den Typen im Fransenhemd spielt, der den Bullen vom abgeworfenen Reiter weglockt. Doch auch wenn Professional Bull Rider diesen sportlichen Kern in fürs Jahr 1999 völlig okayer 3D-Grafik präsentiert (kein Vergleich zum potthässlichen Konkurrenzen Extreme Bullrider), so fragt man sich doch, ob hier nicht das Spiel das Beiwerk ist.

Um das herauszufinden, baue ich mir meinen eigenen Reiter für den Karriere-Modus: Gunnar Bullenmoerder, noch leidlich rüstiger Wildwest-Veteran, der in der Steppe Niedersachsens schon als Kind Büffel erwürgt hat. Dann die erste Enttäuschung: Das Spiel lässt mich kein Geburtsjahr vor 1950 wählen. Immerhin kann ich Gunnar schon 1950 in die PBR eintreten lassen, quasi als erste Amtshandlung nach der Geburt, und das 42 Jahre vor deren Gründung! Als Zeichen seiner irischen Herkunft bekommt Gunnar einen roten Schnauzer und grüne Klamotten, dann kann die Meisterschaft beginnen.

Beim Saison-Auftakt in Louisville wird Gunnar zwar schon nach vier Sekunden abgeworfen, bekommt zum Abschluss aber noch den Stierkopf in den Magen gerammt, woraufhin er sich sanft im Sand der Arena zusammenrollt. In Reno fällt er flach aufs Gesicht, der Bulle Armageddon dreht noch eine Runde über seinen Rücken, bekommt dafür aber leider nur 67 Punkte. In Nashville tritt ihn Babyface in hohem Bogen durch die Arena, es gibt freundlichen Applaus für die Gesichtsbremsung. In Spokane renkt er sich den rechten Daumen aus und muss eine Woche aussetzen. In Phoenix hält sich Gunnar völlig überraschend acht Sekunden auf dem Rücken von Hawkeye und kassiert respektable 78 Punkte. In Guthrie köpft ihn dann Hard Copy in einem spektakulären Abgang über die Absperrung.

So geht das weiter, und ich merke: Das ist ein hartes Brot, dieses Bullenreiten, trotz der simplen Steuerung. In vier Richtungen die Balance ausgleichen, Tasten fürs Festhalten und Sporengeben, das war’s schon. Aber den wild herumbockenden Bullen zu lesen, das braucht „viel Übung“ (Ty Murray) oder halt eine bessere Spielmechanik, mir gelingt es jedenfalls nicht. Spaß will sich nicht einstellen, aber als Solo-Spiel war Professional Bull Rider vielleicht auch gar nicht gedacht: Sein Killer-Feature ist der Koop-Modus, wo ein Spieler den Reiter übernimmt und der zweite den Bullen. Acht Sekunden intensive Rivalität, dann Handschlag, Bier und Barbecue – so stelle ich ihn mir vor, den amerikanischen Traum.

Abflug!

Ist Professional Bull Rider ein gutes Spiel? Die Packung sagt ja, die amerikanische Spielepresse nein. Es steht Aussage gegen Aussage. Sierra jedenfalls legt nochmal nach, ein Jahr später erscheint Professional Bull Rider 2. Vornedrauf ist wieder Ty Murray, diesmal schlägt hinter ihm der Blitz ein; vielleicht ist sein Bulle deshalb so aufgebracht. Ansonsten hat sich nicht viel geändert, wie Gamespot feststellt: „Das Spiel benutzt die gleichen Grafiken, Musiken, Kommentare und Mechaniken wie sein Vorgänger.“ Eine Neuerung gibt’s dann aber doch: Man kann nun auch den Typen im Fransenhemd spielt, der den Bullen vom abgeworfenen Reiter weglockt.

Damit ist der Sport endlich vollständig und abschließend simuliert.

 

 

Neuauflagen von Advance Wars

Zwei Strategie-Klassiker der Game-Boy-Advance-Ära melden sich zurück zum Dienst. Fabian klärt, ob sie 20 Jahre später auf der Switch noch unser Herz erobern können.

Advance Wars gehört zu den unglücklichen Spielereihen, die sich auf Nintendos Ersatzbank neben F-Zero, Star Fox, Wave Race und anderen langweilen. Im Fall von Advance Wars ist der ausbleibende Nachschub allerdings nachvollziehbar: Mit Fire Emblem hat das verantwortliche Studio, Intelligent Systems aus Japan, schon andere rundenbasierte Strategie im Portfolio, und spätestens seit Fire Emblem Awakening (3DS, 2012) ist die Fantasy-Marke international ausgesprochen erfolgreich.

Und so gab es nach dem 2008 veröffentlichten DS-Spiel Advance Wars: Dark Conflict 15 Jahre lang keinen neuen Serienteil mehr. Doch jetzt ist Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp erschienen. Das Spiel wurde mehrfach verschoben, zuletzt 2022 aufgrund des Krieges zwischen Russland und der Ukraine. Der Titel lässt es bereits vermuten: Wirklich neu ist Re-Boot Camp nicht, es verpackt zwei Game-Boy-Advance-Spiele aus den Jahren 2001 und 2003 in ein neues Gewand. Entwickelt wurde die Neuauflage nicht bei Intelligent Systems, sondern bei WayForward in Kalifornien.

Die rechte Hälfte der Karte ist noch im Nebel des Krieges verborgen.

Das 60 Euro teure Spielebundle enthält beide Kampagnen. Teil 1 sollte unbedingt zuerst gespielt werden, da Teil 2 an den Erstling anknüpft und den Ausgang von dessen Story verrät. In ihren jeweiligen GBA-Versionen sind beide Spiele mittlerweile Sammlerstücke, Nintendo hatte sie vor einigen Jahren aber für je 6,99 Euro zum Download für die Virtual Console der Wii U veröffentlicht. Das lässt die Switch-Modernisierung ganz schön teuer wirken. Sie bringt aber einige substanzielle Verbesserungen mit.

Beim Gebirgskampf profitieren hier beide Seiten von guter Deckung.

Der Wechsel von 2D- zu 3D-Grafik mag eine Geschmacksfrage sein, klare Vorteile sind aber neue Story-Sequenzen und viel Sprachausgabe, die auf dem kleinen Game-Boy-Advance-Modul nicht unterzubringen war. Der aktuelle Zug lässt sich zurücksetzen, außerdem gibt es grundsätzlich einen optionalen, leichteren Schwierigkeitsgrad. Denn Advance Wars ist damals wie heute viel anspruchsvoller, als es auf den ersten Blick aussieht. Fußtruppen, Panzer, Transporter, Helikopter, Schiffe und vieles mehr sind auf relativ kleinen Karten unterwegs, die sind aber so schlau gestaltet, dass man dort mit wirklich kniffligen und später auch sehr langen Schlachten konfrontiert wird. In dieser Hinsicht sind beide Spiele fast nicht gealtert und immer noch exzellent und motivierend.

Die beiden Kampagnen können separat gestartet werden.

Erweitert wurden darüber hinaus die Multiplayer-Modi: In Ergänzung zu lokalem Multiplayer kann man nun auch online antreten. Wer das nicht braucht, die Originale für den Game Boy Advance besitzt und auf ein paar Komfort-Features sowie die modernisierte Präsentation verzichten kann, braucht Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp nicht wirklich. Für sich betrachtet kommen hier aber um die 50 mitreißende Kampagnenstunden in einem täuschend putzigen, aber dennoch sehr tiefgründigen Strategiespiel.

 

Retronews

Christopher hat für euch die Internet-Archive durchforstet und präsentiert aktuelle Ereignisse und Veröffentlichungen aus der Welt der Retro-Spiele.

  • Illuminated Big Box: In unserem letzten Newsletter haben wir unseren Hörer Andreas vorgestellt, der sein eigenes Game-Boy-Spiel programmiert hat. Illuminated hat jetzt sogar einen physischen Release erhalten und wird mit Schachtel, Modul und Anleitung im klassischen Game-Boy-Stil verkauft. Zu erwerben gibt es das fantastische Puzzle-Spiel bei ferrantecrafts.com.

  • Textadventure-Projekt im Stay-Forever-Forum: Unser Forenuser Almas hat, basierend auf den Gedanken von Christian und Gunnar über Textadventures, ein eigenes Adventure-Projekt in Angriff genommen, mit dem er einige der Bedienschwierigkeiten von Textadventures angehen möchte. Als Stichpunkte nennt er dabei Komfortfunktionen, Datenbanken, Fullscreen und Immersion. Eine erste Version seines eigenen Adventures hat er im Forum gepostet. Super: Es wird kein zweites Programm benötigt, um das Adventure zum Laufen zu bringen.
     
  • Atari legt Retro-Klassiker neu auf: Atari plant eine Aufwertung seines Spielekatalogs mit über 100 klassischen Retro-Games, die in den 80er- und 90er-Jahren erschienen sind. Zu den Titeln gehören Bubsy, Hardball, Demolition Racer und 1942: Pacific Air War. Atari-Chef Wade Rosen kündigte an, dass viele dieser Spiele als Download oder Disc-Versionen verkauft werden und in einigen Fällen sogar auf moderne Konsolen portiert werden könnten. Atari plant, aus seinem umfangreichen Spielekatalog Profit zu schlagen, der zahlreiche Klassiker umfasst, die entweder neu veröffentlicht oder als Vorlage für Neuentwicklungen verwendet werden könnten. Schon im vergangenen Jahr veröffentlichte das Unternehmen anlässlich seines 50. Geburtstags eine Spielesammlung namens Atari 50: The Anniversary Celebration, die sehr erfolgreich war und sich aus 90 Spielen, digitalen Dokumenten und Entwicklerinterviews zusammensetzte. Mehr Einsicht zu Ataris Situation und Zukunft gibt Wade Rosen bei axios.com.
     
  • Neuer Dungeon-Crawler für den ZX Spectrum: Der Entwickler HSE hat ein neues Spiel namens Dungeon and Souls für den ZX Spectrum veröffentlicht. Wie der Name schon andeutet, vereint das Spiel Crawler- und Souls-Elemente, dazu ist von Rogue-Gameplay die Rede. Der Spieler kämpft sich durch fünf Ebenen von zufällig generierten Dungeons und besiegt dabei Monster, durchsucht Kisten und interagiert mit NPCs. Ein YouTube-Video zeigt das Spiel in Aktion. Die Dungeon-Erkundung gelingt mittels einer Minikarte, den gegangenen Weg können Spielerinnen und Spieler mit Steinen markieren. Beim Tod im Kampf verliert man alle Seelen, die man gesammelt hat, aber durch Rückkehr an den Ort des Todes können sie wieder eingesammelt werden – Dark Souls-Spieler kennen das Prinzip. Auf der Entwickler-Webseite kann das Spiel direkt im Browser gespielt, oder für Emulatoren oder Original-Hardware heruntergeladen werden.

  • Neues Buch von Jordan Mechner: Prince of Persia-Entwickler Jordan Mechner hat nach zwei Jahren Arbeit sein neues Projekt vorgestellt: ein grafischer Roman namens „Replay“. Das Buch erzählt die Geschichten von drei Generationen seiner Familie. Dabei geht es um die Kindheit seines Vaters als jüdischer Flüchtling im von Nazi-Deutschland besetzten Frankreich, die Erlebnisse seines Großvaters als jugendlicher Soldat an der russischen Front im Ersten Weltkrieg und um Mechners eigene Jugend als begeisterter Videospieler in den USA.



    „Replay" ist Mechners erster grafischer Roman, bei dem er nicht nur der Autor, sondern auch der Zeichner ist. Das Buch hat 320 Seiten und ist farbig illustriert. Die verschiedenen Handlungsstränge des Buchs werden durch drei Farbpaletten deutlich voneinander abgegrenzt. Die blaue Handlungslinie erzählt von Mechners Karriere als Spieleentwickler und den Entwicklungen in der Spieleindustrie von den 1980er Jahren bis heute. Die sepiafarbene Linie beschreibt die Fluchtgeschichte seines Vaters und seiner Tante aus Frankreich und die Kriegserlebnisse seines Großvaters im Ersten Weltkrieg. In der gelben Gegenwartshandlung geht es um Mechners Umzug nach Frankreich im Jahr 2016 für ein Videospielprojekt.

    „Replay“ wurde am 26. April 2023 von Delcourt auf Französisch veröffentlicht und ​​​​​​​kann online gekauft werden. Die englische Ausgabe von „Replay“ erscheint Anfang 2024 bei First Second Books.

 

 

Zeitreise

Ab in die Zeitmaschine! Wir reisen in die Vergangenheit und schauen uns an, welche Spiele diesen Monat Geburtstag feiern.

Vor 40 Jahren ... (Mai 1983)

 

Das früheste Star-Wars-Spiel, das als legendär bezeichnet werden kann, findet im Mai 1983 seinen Weg in die Spielhallen: Hersteller Atari wird 12.695 Einheiten von Star Wars: The Arcade Game verkaufen, ein Rekord für die Firma im Jahr 1983. Schon damals werden Lizenzen für verschiedene Medien gerne aufgeteilt – Spiele für Heimkonsolen und für die Spielhalle gelten als verschiedene Märkte, entsprechend kommen nicht selten verschiedene Lizenznehmer zum Zug. So ist es auch bei Star Wars. Während auf Ataris goldener Gans, dem Atari 2600, der Konkurrent Parker Bros. Star-Wars-Spiele veröffentlichen darf, hat Atari immerhin in der Arcade das Heft in der Hand. 

Dort spielt man Luke Skywalker im Anflug auf den Todesstern als Railshooter in Vektorgrafik mit TIE-Fighter-Kämpfen, Abwehrtürmen und Flug durch den Graben mit abschließendem Versenken eines Torpedos in den fatalen Lüftungsschacht. Der Erfolg des Spiels dürfte nicht zuletzt der fantastischen Steuerung geschuldet sein: Der X-Wing mit seinen vier Flügeln und Kanonen wird mit einem „realistischen“ Steuerknüppel bedient, dessen vier Knöpfe den vier Lasern entsprechen – Immersion in der Arcade. 

In einem Rückblick 1996 führt das Videospiele-Magazin Next Generation das Spiel auf Platz 58 ihrer „Top 100 Spiele aller Zeiten”-Liste auf. Unter Berufung auf „fantastische Vektorgrafiken, mehrere Schuss-Tasten, ein luxuriöses Gehäuse mit leistungsstarken Lautsprechern und digitalisierte Stimmen“ wagten sie die Aussage, dass es „wahrscheinlich das beste lizenzierte Spiel aller Zeiten“ sei. Wer mehr über die wilde Geschichte der Star-Wars-Lizenzspiele vor der goldenen LucasArts-Ära erfahren möchte, sollte sich unsere Historienfolge zu dem Thema anhören (Unterstützer-exklusiv auf Patreon oder Steady).

 

Vor 25 Jahren … (Mai 1998)

 

Auch der Shooter-Klassiker Unreal wurde von Gunnar und Christian mit einer Folge gewürdigt. Zu Recht: Nach Doom war Unreal der nächste Meilenstein der Shooter-Geschichte. 1994 badete das Entwicklerstudio Epic MegaGames noch im Erfolg seines Shareware-Erfolgs Epic Pinball, das laut internen Rechnungen das dritthäufigst verkaufte Shareware-Spiel aller Zeiten war. Game-Designer James Schmalz sagte 1999: „Epic Pinball war viel erfolgreicher, als wir es uns je ausgemalt hätten. Ich verdiente nicht mehr 1.200 Dollar im Monat, sondern zeitweise fast das Hundertfache.“ Ein besonders großer Name war das Studio des Gründers Tim Sweeney zu diesem Zeitpunkt dennoch nicht; es fehlten wirklich einflussreiche Spiele im Œuvre. Das sollte sich bereits mit James Schmalz’ nächsten Experimenten ändern. 

Während der Doom-Hype auch vor Epic MegaGames keinen Halt machte (Schmalz und sein Kollege Cliff Bleszinski mussten Boss Tim Sweeney öfters einen Systemabsturz vorgaukeln, wenn dieser während einer Deathmatch-Partie ins Büro platzte …), bastelte James Schmalz an einer kleinen Demo, die sich vor allem durch ihre detailreichen Texturen und weite Levels unter offenem Himmel definierte – vor allem letzteres ein Unterschied zu den eingeengten Shootern der damaligen Zeit. Doch es fehlte das technische Gerüst, um die Ideen von Schmalz in ein Programm zu gießen. Die Geburtsstunde der legendären Unreal-Engine schlug, als Tim Sweeney Schmalz dabei beobachtete, wie er einen Demo-Level auf einem Stück Papier aufzeichnete. Tim Sweeney wusste jedoch, vor welcher Aufgabe er stand: Könnte das kleine Studio Epic MegaGames es wagen, mit den Shooter-Königen id Software in den Ring zu steigen? Tim Sweeney entschied sich dafür, die Aufgabe entschlossen anzugehen, und eine Engine zu schaffen, die der Doom-Engine ebenbürtig war. 

Eindrucksvolle Nebeleffekte ...

Die 16-Bit-Engine, die Sweeney schuf, erntete sogar das Lob von id Softwares John Carmack: „Ich bezweifle, dass irgendein wichtiges Spiel von nun an mit 8-Bit-Farben entwickelt wird. Unreal hat einen wichtigen Schritt in Richtung echter Farbe gemacht, und das gibt den Künstlern viel mehr Freiheit.“ Carmack lobt weiter: „Light Blooms, Nebelvolumina und zusammengesetzte Himmel waren Schritte, die ich vorhatte, aber Epic hat es mit Unreal zuerst geschafft.“

... Wasser- und Feuereffekte ...

Die Arbeit zahlte sich aus: In den Vereinigten Staaten belegte Unreal 1998 den 13. Platz der meistverkauften Computerprogramme mit 291.300 verkauften Einheiten und einem Umsatz von knapp 11 Millionen Dollar. Die Kritiker lobten die Grafik, das Gameplay, die Musik, die Atmosphäre, das Verhalten der Gegner und die Bot-Unterstützung im Mehrspieler-Modus. In Sachen Bots war Unreal dabei auch ein Vorreiter: Während es bereits Fan-Mods für Spiele wie Doom gab, die dem Spiel Bots hinzufügten, war Unreal das erste Programm, das diese von Haus aus mitbrachte. Peter Steinlechner fasst in GameStar 7/98 zusammen, was auch 25 Jahre später im Rückblick bestätigt werden kann: „Unreal leitet die nächste Generation der 3D-Actionspiele ein.“

... und detaillierte Texturen dank Multitexturing.

 

Vor 20 Jahren … (Mai 2003)

 

Nachdem mit Ocarina of Time und Majora’s Mask auf dem Nintendo 64 zwei Zelda-Spiele mit realistischer Grafik veröffentlicht wurden, wandte sich Nintendo mit dem 2003 erschienenen The Legend of Zelda: The Wind Waker als erstem Zelda-Titel auf dem neuen GameCube einer lebhafteren, comichaften Grafik für seine Zelda-Serie zu. Der neue Link im Cel-Shading-Look überraschte Fans, hatte Nintendo doch auf der eigenen Messe Nintendo Space World im Jahr 2000 eine kurze Grafikdemo gezeigt, in der Link und Ganondorf einander düster und wirklichkeitsnah bekämpfen. Doch Designer Eiji Aonuma hasste die Demo, weil sie für ihn nur ein Derivat der N64-Spiele war. Also entschloss er, mit dem Designteam eine andere Richtung einzuschlagen.

Aonuma hielt den neu entwickelten Stil zunächst vor Produzent Shigeru Miyamoto geheim, da er befürchtete, dass Miyamoto mit dem Cartoon-Stil nicht einverstanden sein würde. Eine weitere Änderung der Grafik hätte jedoch zu viel Zeit in Anspruch genommen, sodass auch Miyamoto sich dem Enthusiasmus des Entwicklerteams über den neuen Stil beugte. Auch ohne Änderungen drängte die Zeit, sodass sich Nintendo entschloss, die Entwicklung frühzeitig abzubrechen und Dungeons zu streichen. Damit wurde The Wind Waker zu einem der kürzesten Zelda-Titel; eine Entscheidung, die Miyamoto im Nachgang bereute. Dies führte zu einem Umdenken bei Nintendo, die in der Folge eher Spiele verschoben, als sie unfertig zu veröffentlichen. Miyamoto sagte darüber: „Ein verspätetes Spiel ist letztendlich gut, aber ein überstürztes Spiel ist für immer schlecht.“

Links: Die Space-World-Demo. Rechts: The Wind Waker.

Schlecht wurde The Wind Waker definitiv nicht: Während der Grafikstil sowohl bei Fans als auch bei Kritikern die Geister schied, fuhr The Wind Waker internationale Top-Wertungen ein. IGN vergab nahezu perfekte 9.6/10 Punkte, in der japanischen Famitsu erntete Wind Waker die kolossale 40er-Höchstwertung, und auch deutsche Medien wie GamePro (93%) und 4Players (91%) überschütteten das Spiel mit Lob.

 

 
 

Podcast-Empfehlungen

von Christian und Gunnar

 

Anfang April hat unser alter Spieleredakteurs-Kollege Heinrich Lenhardt ein neues Podcast-Projekt aus der Taufe gehoben: Gemeinsam mit Christian Genzel (dessen Stimme Hörer des Spieleveteranen-Podcasts kennen dürften, er ist dort gelegentlich zu Gast) bespricht er im Pixelkino-Podcast Spiele, die auf Filmen basieren, und umgekehrt. Das Duo betrachtet das Thema von zwei Seiten: Christian Genzel ist Independent-Regisseur und Filmjournalist, er beschreibt den jeweiligen Film, dessen Entstehung und Wirkung. Heinrich steuert die Games-Perspektive bei. Gemeinsam analysieren sie, wie sich das Spiel zum Film-Vorbild bzw. der Film zum Spiel verhält. Schon in den ersten beiden Folgen wird augenfällig, wie sehr sich die Herangehensweisen von Film- und Spielejournalismus unterscheiden: Christian nähert sich den Filmen über die Regisseure und deren Handwerk und Vision, während bei Heinrich die Menschen hinter den Spielen keine Rolle spielen, sofern man sie denn überhaupt kennt; stattdessen geht es um Spielmechaniken und Technik. Das ergibt einen spannenden Kontrast. Die bislang erschienenen Folgen behandeln Predator und Super Mario Bros.

 

Anspieltipp: Pixelkino: Predator


Ich (Gunnar) schaue viele Videos auf YouTube, schon aus Zwecken der Recherche, aber auch ganz allgemein aus Interesse – YouTube-Videos sind mein Fenster in die meisten der Themen, die nicht das Lesen eines ganzen Buches rechtfertigen. Quasi das, was früher Artikel in Zeitungen und Magazinen für mich waren. YouTube hat aber das Problem, dass Video mehr Aufmerksamkeit frisst als Audio, meine Zeit dafür ist limitierter. Daher frustriert es mich zuweilen, wenn YT-Videos eigentlich Essay-Podcasts mit ein paar eingestreuten Szenen oder Bildern sind, aber nicht als Podcast-Feed angeboten werden. Youtuber wie Dan Arrows oder Shaun sind typische Beispiele dafür – können die das nicht als Podcast rausbringen und es mir ersparen, das Video im Hintergrund laufen lassen oder das MP3 davon herunterladen zu müssen?

Naja, hilft nichts, man kriegt nicht immer, was man sich wünscht. Als Zeichen dafür, dass ich mich ins Unvermeidliche schicke, empfehle ich hier einen Creator in der Podcast-Rubrik, der seine langen Essays ärgerlicherweise auch nur auf YouTube veröffentlicht, aber nun. Vielleicht sieht er’s ja noch irgendwann ein. Also: Arcane Workshop (noch voll der Geheimtipp, hat nur eine Handvoll Abos) schreibt lange Abhandlungen zu ausgewählten Aspekten des Gamings und Spielen. Das ist nichts Neues, aber der Ton ist ein ganz anderer als bei den allermeisten in diesem Feld: irgendwie dunkel und ernsthaft. Dazu kommt eine sehr ausgefeilte, metaphernreiche Sprache und ein eher philosophischer Blick auf das Sujet. Nicht jedermanns cup of tea, denke ich, aber sehr interessant.

Anspieltipp: The Difficulty of Difficulty

Das verlinkte Video ist eine Betrachtung des Themas Schwierigkeitsgrad in Spielen, sehr interessant, vor allem aber startet es mit einem echt packend erzählten persönlichen Erlebnis über Ninja Gaiden (NES, 1988), das hat mich voll abgeholt.

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Bis nächstes Mal!

Habt ihr auch nichts verpasst? Unser kurzer Übersichtsservice der zuletzt erschienenen Podcast-Episoden:

Liebe Grüße aus dem SFHQ

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