Das monatliche E-Mail-Magazin vom Stay Forever Podcast
 
#28 – AUGUST 2023

 

 

Hallo, ihr Lieben!

Eine Sache schnell aus dem Weg – dieser Newsletter hat jetzt einen Namen. Also nicht einfach „Newsletter“ wie bisher, und leider immer noch nicht LOTTPOST 3000, wie Gunnar wieder und wieder vorgeschlagen hat, sondern… Stay Forever Insider. Ta-da! Und wir hören jetzt auf, den Newsletter als Newsletter zu bezeichnen, sondern sprechen von unserem „E-Mail-Magazin“. Der Grund ist einigermaßen trivial: Immer wenn Leute sich durchringen, den Newsletter zu abonnieren (und wir stehen mittlerweile bei über 4.700 Abos, vielen Dank!) sagen sie sowas wie „Oh, der ist viel toller, als ich erwartet habe, eher ein Magazin als ein Newsletter“ – da dachten wir uns, wir lösen die kognitive Dissonanz einfach auf. Der Newsletter ist tot, es lebe Stay Forever Insider – das monatliche E-Mail-Magazin!

Ach, und nochwas: Wir haben im letzten Newsletter eine kleine Hörbuch-CD als Goodie im Juli für Unterstützer angekündigt und angedeutet, dass es im offenen Feed dazu einen Teaser geben würde – beides müssen wir kassieren, ahem. Die CD ist fertig produziert, aber die GEMA-Anmeldung dauerte länger als erwartet, der Versand verschiebt sich auf Mitte August. Und die Teaser-Folge im offenen Feed erschien uns dann doch zu sehr als Werbehinweis, als „Flex“, wie Gunnars Tochter sagen würde, das haben wir uns geschenkt. Was nicht heißt, dass die CD nicht spektakulär geworden wäre, wir sind sehr zufrieden damit (es steckt auch sehr viel Arbeit drin). Aber wir wollten euch, unsere Hörer, nicht schon wieder mit Eigenwerbung nerven. So wird das nun eine richtig schöne Überraschung für Unterstützer!

 

 

Stay Forever im August

 

Ende des Monats kommt die nächste Folge Stay Forever, das Thema wurde wieder in einer Abstimmung unserer Unterstützer entschieden. Wir wollten wissen, welches Spiel auf Basis der Build-Engine wir besprechen sollen. Die Build-Engine ist eine 3D-Engine für Computerspiele, die Ken Silverman für 3D Realms entwickelt hat und die durch den Ego-Shooter Duke Nukem 3D bekannt wurde. Wir haben vier Spiele zur Auswahl gestellt, die Entscheidung ging zugunsten von Blood aus. Das ist ein Ego-Shooter mit Horror-Thema und das erste Spiel der Firma Monolith, die später noch mit F.E.A.R. ordentlich Wellen schlug.

 

 

Auch die nächste Folge von Super Stay Forever basiert auf einer Abstimmung. Wir hatten nach Spielen mit Affen gefragt, das Ergebnis war eindeutig: Donkey Kong Country von Rare ist es geworden. Fabian und Gunnar reiten also demnächst auf Strauß und Rhinozeros durch den Dschungel und suchen den Bananenschatz, den King K. Rool entführt hat. 

 

 

Bei den zuletzt erschienenen Folgen bot sich keine der Welten so richtig an, um tief in die Lore einzutauchen und mit einem Experten an der Seite auf geheimen Storypfaden zu wandeln (Welt von Oil Imperium, anyone?). Unsere Popkultur-Expertin Rahel widmet sich daher in der Zwischenzeit ein paar Welten, deren zugehörige Games wir besprochen haben, ehe wir das „Die Welt von …“-Format entwickelt hatten. Im August kommt die Welt von Battletech dran. Dieses Universum startete 1984 mit dem gleichnamigen Tabletop-Spiel von Jordan Weisman und hat seither zahlreiche Spiele, Comics, eine TV-Serie und mehr als 100 Romane hervorgebracht. Wir hatten die Welt in unserer Folge zu MechWarrior 2 angerissen, aber dazu gibt es natürlich noch einiges mehr zu sagen. Gesprächspartner von Rahel ist Oliver Haake, Lesern von Spieleheften vielleicht noch als ehemaliger Redakteur von Buffed und PC Games Hardware bekannt.


Unterstützer-Inhalte im Juli

 

Making Mags: Programmänderung: Für den Juli war eine neue Folge von Making Mags angekündigt, es sollte um die Geschichte des CyPress-Verlags gehen. Diese Folge wurde aufgezeichnet und produziert, wir waren allerdings aus unterschiedlichen Gründen nicht glücklich damit und probieren einen anderen Take auf das Thema. Damit verschiebt sich die Folge in den Herbst. Wir bitten um Entschuldigung. Im August kommt nun wieder eine Folge aus dem Archiv: Benedikt Plass spricht mit Jo Hesse über die PC Action.

 

Stay Forever Spielt: So, die 29. Staffel von Stay Forever Spielt ist Ende Juli gestartet – wir spielen wie angekündigt das leicht schräge Amiga-Adventure Fatal Heritage. Wir kommen gut voran, nach dem aktuellen Plan schließen wir die Staffel bereits Ende August wieder ab. Die letzte Folge wird natürlich ein Interview mit dem Entwickler Bernd Lehahn.

 

Zehn Jahre klüger: Man merkt das Sommerloch, im August 2013 ist in der Spielebranche wenig Bemerkenswertes passiert. Dafür erschienen umso mehr gute Spiele, vor allem zwei echte Indie-Klassiker, die wir uns beide vorknöpfen. Außerdem gab es Aufregung um die absurde Idee, Nintendo könnte ein Free-to-Play-Spiel machen (unvorstellbar!), und wir schauen uns den Publisher Majesco genauer an, denn der hat im August 2013 interessante Pläne.

 

Stay Forever anderswo

 

Die Herren haben ein bisschen fremdgepodcastet: 


Gunnar hat dem Schweizer Radio SRF im Juli ein kleines Interview gegeben, es ging um die Erhaltung alter Videospiele.

 

Der Nerdwelten-Podcast hatte unlängst eine Folge über den Bullfrog-Klassiker Theme Park. Daran anknüpfend war Chris war bei den Kollegen zu Gast und sprach mit Hardy über die ambivalente Persönlichkeit Peter Molyneux und dessen oft leere Versprechen.

 

Die Hochschule für Musik und Theater in Leipzig hat seit kurzem einen Podcast über die Musik der Heimcomputer-Ära: Blips. In Folge 2 gastierte Henner als Experte zum SID-Chip des Commodore 64.

 

Die Stay Forever-Posterwoche bei Retroshirty

 

 

Wir läuten die Posterwoche in unserem Shop retroshirty.com ein! Fünf unserer beliebtesten Poster-Motive haben wir für euch mit fetten Rabatten versehen. Und wenn wir schon so etwas machen, dann ist das nichts Halbgares. Die riesigen 70x100-Poster gibt es eine Woche lang für 17,50€ anstelle für 29,90€ – das sind über 40% Rabatt –, wer nicht so viel Platz hat, kann auch bei zum Beispiel bei den 21x30-Postern zuschlagen, die gibt es für über 50% Rabatt für nur 7,50€ das Stück. Auch die typische Postergröße 61x91 Zentimeter haben wir im Shop, diese Variante (übrigens wie alle anderen Größen auch auf Papier in Museumsqualität gedruckt) kostet euch nur 16,95€ anstelle der normalen 24,95€.

Neugier geweckt? Dann klick doch mal eben beim Retroshirty-Sale vorbei. Neben den oben abgebildeten Motiven gibt es noch zwei weitere Poster zu großen Spieleklassikern. Schnell sein lohnt sich: Diese Angebote gelten nur eine Woche lang nach Aussendung dieses E-Mail-Magazins, also bis zum Ende des 6. August.

 

 

Spotlight: Die Retro-ASM

Im Juli ist nach 28 Jahren eine neue Ausgabe des kultigen Spielemagazins ASM erschienen. Chris war damals ASM-Abonnent und hat sich das Heft angeschaut.

Eine neue ASM also! 100 Seiten stark „flattert“ sie in meinen Briefkasten, schnell reingeblättert, auf der ersten Seite „begrüßt“ mich direkt ein Foto von Manfred Kleinmann. Held meiner Jugend, ASM-Chefredakteur von Beginn bis Ende 1991! Alt ist er geworden (sind wir ja alle), aber trotzdem gleich „wiedererkannt“. Schnell die in Anführungszeichen gesetzten Wörter zählen: Immerhin viermal auf einer halben Seite Text, er hat’s noch drauf wie damals, das verlernt man halt nicht! Wie Tetrisspielen oder Biertrinken.

Für den Rest der Ausgabe muss ich „leider“ drauf verzichten, denn die neue ASM (Nr. 3 März/April 2023, sagt das Cover) ist gar nicht von Kleimann. Der hat netterweise nur das Editorial beigesteuert und das Coverbild gesponsort, ein Original-Bromley. Der Rest stammt von einem „neuen“ Team um Alexander Drews, wer auch immer das sein mag. 1995 war damals Schluss mit der ASM, dem „Aktuellen Software Markt“, seinerzeit mal das größte Spielheft der Republik. 28 Jahre später schnürten Drews und ein Grüppchen ehrenamtlicher Mitstreiter(innen?) nun diese Fan-Ausgabe zusammen, mit Original-Logo und allem. Eine beachtliche Tat in Zeiten hoher Papierpreise und Magazinsterben, GAIN und Retro Gamer gehen ja gerade über die Wupper. Acht Credits bzw. Euronen muss man dafür digitalerweise „hinblättern“, denn das Magazin kommt nur auf Bestellung nach Hause geschippert. Gibt’s im Amigashop auf amigashop.org, logisch.

Was hat das „Ding“ denn nun zu bieten? 100 Seiten, sagte ich ja schon (lest halt oben noch mal nach), gefüllt mit zweierlei: Erstens wären da Tests, Tests, Tests und nochmal Tests, und zwar zu mehr oder weniger aktuellen, neuen alten Spielen. Homebrew eben, also Spiele, die heute noch auf uralten Systemen wie Amstrad CPC, ZX Spectrum oder dem guten alten Brotkasten (Commodore 64, für alle Nachgeborenen!) erscheinen. Die neue ASM ist da wie die alte ein Multiformat-Format, würfelt also alle Plattformen bunt durcheinander. Ist für jeden was dabei, sozusagen. Sogar das eine oder andere Spiel für Amiga, diese neumodische Kiste! Die neue ASM orientiert sich an der alten ASM des Jahres 1987. Da war die ASM zwei Jahre alt, der Amiga noch recht neu, die 8-Bitter standen in den Kinderzimmern. Und das Layout der ASM hatte noch keine Piktogramme, statt Space Rat witzelte noch Donald Bug in den Cartoons herum, Meinungskästen gab’s noch nicht. Das ist sogar für mich oldschool – meine goldene Ära als ASM-Leser war ab 1991, da war die ASM schon generalrenoviert, und vor allem kamen da endlich auch mal PC-Spiele vor. Sucht man in der neuen ASM vergeblich. Kommt da etwa kein Homebrew-Zeug für raus oder was?

 

Personal Nightmare: Der Augenarzt bedankt sich

 

Wo war ich? Ach ja, zweitens. Zweitens enthält die neue ASM eine extradicke Portion Fan-Service für alle, die damals Leser waren. Interviews mit einer ganzen Reihe der Redaktionshelden, mit Manfred Kleinmann natürlich, mit Martina Strack, Thorsten Oppermann, Klaus „Cruiser“ Segel und so weiter. Das ist jetzt nicht die große Kunst des Interviews, aber schon nett, zu erfahren, was aus denen allen geworden ist. Jedenfalls merkt man, dass da ASM-Kenner am Werk waren: Da gibt’s einen „Wusstet ihr eigentlich?“-Kasten mit kuriosen Fakten rund um die ASM. Da wird die Geschichte rund um den Vorfall aufgeklärt, warum Speed Racer damals als Raubkopie getestet wurde – ein erhellender Blick „hinter die Kulissen“! Da kommt nach fast 30 Jahren ASM – Das Spiel endlich raus, das damals für einen Wettbewerb entstand, den die ASM dann nie aufgelöst hat. Und da wird der damalige Test zum britischen Grusel-Adventure Personal Nightmare im Original abgedruckt, fünf Seiten lang! Ein besseres Beispiel dafür, wie die ASM damals war, hätte man nicht finden können: Manfred Kleimann und Bernd Zimmermann testeten das Spiel gemeinsam und geben sich im Laufe des Textes die Feder in die Hand; mischen dabei Test und Komplettlösung, der eine duzt die Leser, der andere siezt, der eine vergibt einen Hit-Stern, der andere nicht, mitten im Text steht der Wertungskasten von Kleimann, am Ende ein anderer von Zimmermann, die erste Doppelseite ist mit winzigem roten Text auf grauem Artwork völlig unlesbar, und über allem steht die Titelzeile „Durchlebte Nächte in trauter Zweisamkeit“. Kompletter Wahnsinn.

 

Screenshots? Brauchnwanich!

 

Und so – und ich sage das voller Anerkennung – ist auch die neue ASM. Horde Hardcore-Fans hämmert Hommage-Heft – heraus kommt ein Haufen Humbug? Denkste! Na klar, das ist kein Feuilleton, hier schreiben Laien. Aber die haben Spaß an der Sache, und einigermaßen überrascht stelle ich fest, dass ich deshalb auch Spaß beim Lesen habe. Da wird das, was man gerade halt so denkt, zu Papier gebracht, Gedankenstrom-Stil, und dann stehen da Sachen wie „Mancher hat ja Spaß daran, leere Blechdosen von einem Zaun zu schießen. Ersetzen wir nun die leeren Blechdosen durch Roboter und den Zaun durch eine stimmungsvolle Spielwelt, und wir haben ein Computerspiel“, und ich fühle mich wieder zuhause. Da hat nie ein Redakteur drübergeschaut, das ist unbeleckt vom abgeschliffenen Erklärstil der institutionellen Spielekritik, frei Schnauze, voller Stilblüten, Abschweifungen, persönlicher Einflechtungen. Das clevere „Interview“ mit Sir Wilfred of Ivanhoe (aus Defender of the Crown) ist sogar richtig witzig. Die neue ASM druckt eiskalt schwarzen Text auf dunkelgrünen Hintergrund, macht die Screenshots winzig oder lässt sie gleich ganz weg. Ein Lektorat kann bestenfalls flüchtig durchgeblättert haben, aber auch das gehört zum Charme; im Interview-Block wird der Name des ASM-Herausgebers Axel Gredé auf drei unterschiedliche Arten geschrieben, allesamt falsch. Man kann da draufschauen und sagen: stümperhaft. Oder: charmant und authentisch.

Richtig ist beides. Damals wie heute. Deshalb hat mir die neue ASM Spaß gemacht. Ein dickes ABER gibt‘s trotzdem: Man muss die ASM schon kennen, um damit was anfangen zu können. Und die ganzen Homebrew-Spiele interessieren mich, so nett die Texte geschrieben sein mögen, halt nicht für fünf Pfennig. Insofern ist das ein hübsches Einzelstück. Aber bei aller Liebe: Eine zweite Ausgabe muss nicht sein.

 

 

Antstream Arcade: Xbox reitet Retro-Welle

Mit Antstream Arcade fügt Xbox dem Angebot einen Streaming-Service für Retrogames hinzu, den sich Fabian angeschaut hat.

Am 21. Juli landeten mit Antstream Arcade auf einen Schlag über 1.300 neue und doch alte Spiele im Xbox-Katalog. Obwohl mein Backlog mich direkt böse angeschaut hat, wollte ich wissen, was es mit dieser Spiele-Invasion auf sich hat.

Um das Geheimnis gleich zu lüften: Antstream Arcade ist eine Sammlung aus Retro-Spielen der letzten Jahrzehnte, die gegen Gebühr gestreamt werden können. Der Service ist nicht komplett neu, unter anderem auf PC, Mac und Android-Geräten kann er schon seit einiger Zeit genutzt werden. Relativ große Aufmerksamkeit erfährt das Ganze aber gerade durch seinen Xbox-Launch. Der Preis liegt bei 30 Euro, allerdings ist dies nur die Nutzungsgebühr für ein Jahr. Alternativ gibt es ein lebenslanges Abo für 80 Euro – doch was bekommt man für dieses Geld?

Mehr als 1.300 Retro-Spiele klingt nach einer ganzen Menge. Je nach Plattform liefert Antstream Arcade auch richtig ab. Es sind fast 300 Arcade-Spiele dabei, über 200 Amiga-Spiele und mehr als 350 Spiele für den C64. Auch Amstrad CPC und ZX Spectrum sind stark vertreten. Man merkt, dass Antstream eine englische Firma ist und der initiale Fokus sicher auf alten Heimcomputern lag.

Vor allem die Kataloge für die Commodore-Systeme C64 und Amiga haben überhaupt erst mein Interesse an Antstream Arcade geweckt. Da finde ich Boulder Dash, Impossible Mission und Bruce Lee, das hier nur Lee heißt. Meine alten Fußball-Lieblinge Kick Off und Sensible Soccer sind auch da. Oder Hits der Bitmap Brothers wie Speedball 2 und The Chaos Engine. Und sogar die Amiga-Versionen der Adventure-Evergreens The Secret of Monkey Island und Indiana Jones and the Fate of Atlantis. Klar, der Amiga hatte sicher nicht die besten Versionen dieser Lucas-Legenden, aber trotzdem ist es toll, sie hier zu finden.

 

Dr. Jones suchte einst auch auf dem Amiga nach Atlantis.

 

Auch unter den Arcade-Spielen tummeln sich Blockbuster: Mortal Kombat und Bubble Bobble zum Beispiel. Oder die Actionkracher R-Type und Metal Slug. Außerdem werden die bei Arcade-Sammlungen obligatorischen Veteranen wie Asteroids, Pac-Man und Space Invaders noch mal auf die Bühne gekarrt.

Nun dürfte aber auch Antstream früher oder später bewusst geworden sein, dass man mit einem Fokus auf Heimcomputer- und Arcade-Titel nicht zum internationalen Netflix der Videospiele avanciert. Doch über diese Nischen hinaus schwindet die Attraktivität des Angebots: Die aktuell 33 NES- und 42 SNES-Spiele sind seltsame Sammelsurien aus Titeln, die man sich eben sichern konnte. Da gibt es Joe & Mac statt Super Mario World, ClayFighter statt Street Fighter II und Top Racer statt Super Mario Kart. Spiele von Nintendo finden sich hier ebenso wenig wie Sega-Spiele in der Mega-Drive-Rubrik. Die rechtlichen Hintergründe sind nachvollziehbar, aber gerade ein SNES-Lineup ohne Nintendo ist wie ein italienisches Restaurant, das weder Pizza noch Pasta auf der Speisekarte hat. 

 

Im SNES-Angebot fehlt der Großteil der relevanten Klassiker.

 

Bei Handhelds wie Game Boy und Lynx (je fünf Spiele) sieht es nicht besser aus, anderswo sogar noch schlechter: Mit 40 Winks und Loaded stehen nur zwei PlayStation-Titel verschämt im digitalen Regal. Auch wenn Antstream hier jüngst Zuwachs versprochen hat, wird man im Konsolensegment sehr wahrscheinlich nie wirklich umfassende Kataloge anbieten können.

Seid ihr euch dessen bewusst und möchtet euch dennoch mal ein Jahr gönnen, erwarten euch eine ansprechend präsentierte Oberfläche und einige gute Ideen: Die Spiele kommen mit passenden Artworks und Infos, die Steuerung funktioniert in der Regel problemlos, auch Save States werden unterstützt, man kann also jederzeit den Spielfortschritt sichern. Außerdem hat Antstream Leaderboards und Turniere zum Messen mit anderen Spielern integriert und bietet auf Basis einzelner Spiele wechselnde Mini-Herausforderungen an. Der Oberfläche fehlt es aber an Komfortfunktionen: So lassen sich die Spiele bisher weder nach Plattform noch alphabetisch filtern. Es gibt primär Genrelisten und eine Suchfunktion, die aber natürlich eher dann hilft, wenn ihr eh schon wisst, was ihr finden wollt. 

Antstream setzt auf Streaming, die Spiele werden – obwohl sie in der Regel kaum Speicherplatz beanspruchen würden – nicht heruntergeladen. Das bedingt zum einen eine permanente Online-Verbindung, zum anderen kann es zu kleineren technischen Problemen kommen. Im Großen und Ganzen konnte ich die von mir getesteten Spiele zwar ohne spürbare Verzögerungen spielen. Bei schnellem Scrolling oder bei einigen Überblendungen konnte ich aber auch mit einer 250 Mbit schnellen Leitung hin und wieder visuelle Artefakte wahrnehmen. Wenn ihr in dieser Hinsicht empfindlich seid, ist ein Streaming-Service wie Antstream Arcade nicht das Richtige für euch.

 

Beim blitzschnellen Kick Off 2 kam es zu Streaming-Schlieren.

 

Ich bereue ich es nicht, die 30 Euro für ein Jahr investiert zu haben. Gerade der Amiga-Katalog ist attraktiv, und auch wenn viele Titel in meiner Erinnerung besser waren, als sie es heute noch sind, macht es Freude, ohne Konfigurationsaufwand von Spiel zu Spiel zu springen. Außerdem verdient ein solcher Service grundsätzlich Lob dafür, vielen sonst nicht legal verfügbaren Spielen ein Zuhause zu geben. Wie eine gemeinsame Studie von Software Preservation Network und Video Game History Foundation in diesem Jahr ergab, sind in den USA über 80% aller vor 2010 erschienenen Videospiele nicht mehr offiziell zum Kauf verfügbar. Im Rest der Welt ist die Situation nicht signifikant anders. Ohne Emulatoren wären viele alte Spiele zwangsläufig von der Bildfläche verschwunden. Antstream Arcade mag bei weitem nicht perfekt sein, aber es bemüht sich – wenn natürlich auch aus wirtschaftlichen Gründen – darum, alte Videospiele vor der Versenkung zu bewahren.

 

Die Arcade-Version von Mortal Kombat ist immer noch hübsch.

 

 

Interview: Deutsche Retro Gamer vor dem Aus?

Überraschend wurde die Einstellung des Print-Magazins Retro Gamer vom Verlag eMedia verkündet. Zwei Ausgaben erscheinen noch, dann ist Schluss. Oder?

Kleiner Schock in der deutschen Retro-Szene: Jörg Langer, Chefredakteur von Gamersglobal und mit seinem Team inhaltlich größtenteils für die deutsche Retro Gamer verantwortlich, kündigte an, dass das Heft zum Ende des Jahres vom Verlag eingestellt wird. Er hoffe aber darauf, es unabhängig weiterführen zu können. Wir haben rasch mal nachgehakt.

 

 

Gunnar Lott, Stay Forever: Woran lag's denn, dass der Verlag das Heft einstellt? 

Jörg Langer: Ich möchte darauf hinweisen, dass noch zwei Ausgaben der Retro Gamer von uns bei eMedia erscheinen werden, am 10. August und am 9. November. Im nächsten Editorial wird stehen: „Retro Gamer hat sich im Lesermarkt leider nicht so entwickelt, wie es für den Verlag perspektivisch und wirtschaftlich notwendig gewesen wäre.“ Ich kann da als externer Auftragnehmer nicht widersprechen und kenne auch die konkreten Zahlen nicht. Ganz sicher sind die Kosten deutlich gestiegen: Die Papierpreise haben sich gerade bei hochwertigen Sorten im Vergleich zu 2020 um den Faktor 2 bis 3 verteuert, wenn sie denn überhaupt noch lieferbar sind in der nötigen Menge. Was ich in den letzten Monaten zwischen den Zeilen aufgeschnappt zu haben glaube ist, dass Retro Gamer eine stagnierende Leserzahl hatte und monetär zumindest leicht im Plus war. Würde das zutreffen, handelt es sich wohl um eine Portfolio-Bereinigung. eMedia ist ja eine Tochter von Heise, und für Heise ist ein Retrospiele-Heft strategisch anscheinend unbedeutend.

Was ist das Idealszenario? Was der Plan B? 

Mein Plan A ist, nach dem letzten Heft für eMedia im November Retro Gamer auf eigene Faust mit dem bewährten externen Team fortzusetzen, mit offizieller Lizenz des britischen Future-Verlags, und damit sowohl in ePaper- als auch gedruckter Form qualitätsbewusste Retrofans zu erreichen. Die Lizenz hätte den großen Vorteil der Kontinuität, auch für Future übrigens. Wir könnten weiterhin auf die vielfältigen Artikel und Kontakte der britischen Kollegen zugreifen, die wir dann für deutsche Leserinnen teils sehr umfangreich anpassen und um diverse eigene Artikel ergänzen – wir sind ja nun wirklich überzeugend „retro“ in der Autorenriege (Michael Hengst, Heinrich Lenhardt, Winnie Forster, Stephan Freundorfer, Roland Austinat, Harald Fränkel, Anatol Locker und meine Wenigkeit). Plan B wäre, das Ganze ohne Lizenz und inhaltlich komplett eigenständig zu machen, mit denselben Autoren und vielleicht noch einigen weiteren. Aktuell konzentrieren wir uns auf Plan A – wenn der aber nicht ginge, fällt uns ganz sicher ein schönes Konzept für Plan B ein. Einen Namen und die passenden URLs hätte ich schon dafür …

Wenn ihr ein Heft ohne Lizenz macht, orientiert ihr euch trotzdem an der Retro Gamer oder startet das bei Null? Was wäre in einem solchen Fall zu erwarten?

In dem Fall ist ein eigenes Konzept in einem eigenen Layout von uns zu erwarten, das anteilig mehr auf persönliche Erinnerungen und Altes-neu-gespielt-Erfahrungen setzt als auf „Making Of“ und „Hommage“ und wie die Retro-Gamer-Rubriken eben so heißen. Wir würden vielleicht über weniger Umfang reden, weil eine „Spieleveteranen“-Artikelseite teurer ist als eine lokalisierte Lizenz-Artikelseite. Aber bei zuletzt immer noch 172 Seiten pro Retro-Gamer-Heft (wir kommen von ursprünglich 196) ist da ja einige Luft, bevor ein Veteranen-Retroheft zu dünn würde. Letztlich sind es die Zahl der Unterstützer und deren Wünsche, die über den Umfang und die Ausgestaltung entscheiden.

Soll das Heft an den Kiosk? Ist das heutzutage noch kostendeckend möglich?

Man sollte „den Kiosk“ als Werbefläche nicht unterschätzen, aber „kostendeckend“ ist das Problem. Ich hätte außerdem schon aus Umwelt-Gründen wenig Lust, z.B. 25.000 Hefte zu drucken und davon dann 20.000 wegzuwerfen, was durchaus passieren kann. Direkt an die Kunden Hefte zu schicken, wie das die RETURN neuerdings macht, ist wesentlich schlauer, verhindert aber Zufallskäufe. Man könnte ein- oder zweimal im Jahr ein „Hallo, es gibt uns“-Sonderheft drucken und an den wichtigsten 5.000 Verkaufsstellen auslegen, müsste das dann aber als Marketing-Ausgabe ohne Gewinn einkalkulieren. Ich sage es mal so: ein aufwändig gelayoutetes ePaper ist als Minimum gesetzt, ein Printheft unser erklärtes Ziel, und das regelmäßige Kioskheft „so wie früher“ wäre unser Traum.

Wer Jörg bei seinem Vorhaben, die Retro Gamer nicht sterben zu lassen, unterstützen möchte, kann hier sein Interesse an einem regelmäßigen Retroheft aus seiner Feder hinterlegen: https://www.gamersglobal.de/retro

 

Retronews

Christopher hat für euch die Internet-Archive durchforstet und präsentiert aktuelle Ereignisse und Veröffentlichungen aus der Welt der Retro-Spiele.

WipEout Phantom Edition: Eine neue Quellcode-Portierung des Sci-Fi-Rennspielklassikers WipEout aus dem Jahr 1995 ist via GitHub veröffentlicht worden. Die WipEout „Phantom Edition“ basiert auf der NTSC-PS1-Version und bietet eine Reihe von Verbesserungen gegenüber dem Originalspiel. Da keine Details zum Entwicklungsprozess der Phantom Edition angegeben werden, ist davon auszugehen, dass diese auf dem 2022 geleakten Quellcode des Spiels basiert – eine rechtliche Grauzone der Spieleentwicklung. Dass es auch anders geht, zeigen Entwicklungen wie die Super Mario 64-Portierung.

Dennoch sind für die Phantom Edition nach wie vor die echten NTSC-Dateien Voraussetzung, das ganze Spiel ist hier nicht einfach kostenlos erhältlich.

Zu den neuen Funktionen der Phantom Edition gehören:

  • Unbegrenzte Framerate
  • Höhere Weitsicht und keine Grafik-Pop-Up-Effekte
  • Wandkollisions-Optionen:
    • Modern: Vergleichbar mit BallisticNG
    • Klassisch: Vergleichbar mit WipEout 2
    • Legacy: Tod
  • Hochauflösende Grafiken unter Beibehaltung des PSX-Stils
  • 3D-Audio für Soundeffekte

WipEout-Fans können sich den Port bei GitHub herunterladen.

 

 

Neues Metroidvania für den Game Boy Color: Der französische Entwickler Broke Studio hat das Ziel seiner Kickstarter-Kampagne zum GBC-Spiel The Fallen Crown erreicht. Das Spiel befindet sich derzeit noch in der Alpha-Entwicklungsphase, sodass der voraussichtliche Erscheinungstermin noch etwa ein Jahr entfernt liegt. Dank des mehr als erfolgreichen Kickstarters ist die Auslieferung jedoch sicher, zudem blicken Broke Studios bereits auf eine lange Historie an Retrogames zurück. Ganz blind muss das Spiel zudem nicht erworben werden: Auf der Seite des Projekts gibt es bereits eine Demo zum Herunterladen für den Game Boy Color – oder Emulatoren – sowie die Option, die Demo am PC oder Handy zu spielen.

 

 

In The Fallen Crown übernehmen Spielerinnen und Spieler die Rolle eines untoten Kriegers, der ohne Erinnerung an seine Vergangenheit Licht in das Mysterium um sich selbst und die untergegangene Zivilisation, durch die er streift, bringen wird. The Fallen Crown ist ein klassischer Metroidvania-Plattformer.

Der Kickstarter läuft noch bis zum 2. August, wer Interesse hat, sollte also zum Erscheinen dieses Newsletters zuschlagen.

 

 

Moderner C64-Klassiker für den NES portiert: Das Jump 'n' Run Sam's Journey erschien 2017 für den C64 und hat sich mit seiner charmanten Art eine kleine Fangemeinde erspielt. retrogamernation.com schrieb: „Sam's Journey als ein gutes Spiel zu bezeichnen, wäre eine Untertreibung. Die Gesamtpräsentation und das Gameplay sind einfach wunderbar.“ Jetzt hat es das Spiel auch auf den NES geschafft. Über den Publisher poly.play stehen verschiedene Varianten des Sidescrolling-Kleinods zum Kauf bereit, sogar eine Soundtrack-Kassette und einen Sam-NES-Controller gibt es. 

Wie in Super Mario kann Sam auf drei Oberwelt-Karten einzelne Level ansteuern, von denen es insgesamt 27 gibt, mit über 2.000 Screens zum Entdecken. Besonders die farbenfrohen Grafiken stechen in der NES-Version hervor, auch das butterweiche Scrolling der C64-Version wurde übernommen.

Die NES-Version ist über obigen Link bei poly.play erhältlich. Wer sich für die C64-Variante von Sam's Journey interessiert, wird bei protovision.games fündig. Auf YouTube gibt es ein kleines Gameplay-Video vom Entwickler Knights of Bytes.

 

 

Taito LaserDisc-Collection für die Nintendo Switch: Im Juni-Newsletter berichtete ich in der Zeitreise vom LaserDisc-Spiel Dragon's Lair, das regelmäßig seine Abspielgeräte und Discs zerstörte. Dieses Problem plagt viele LaserDisc-Spiele, die ohne Archivierung in Gefahr geraten, der Vergessenheit anheim zu fallen. Der japanische Arcade-Hersteller Taito kennt die Problematik und bringt drei seiner klassischen LaserDisc-Spiele auf die Nintendo Switch. Die beiden FMV-Spiele Time Gal und Ninja Hayate waren bereits auf dem Sega Saturn erhältlich, gänzlich neu für Heimkonsolen-Spieler ist der Arcade-Klassiker Battleship Yamato

 

 

Obwohl diese drei Spiele nie außerhalb Japans erschienen, hat Taito US die Taito LD Collection auch in einer internationalen Variante angekündigt, sodass dies die ersten offiziell übersetzten und international veröffentlichten Versionen der jeweiligen Spiele werden. Erscheinungsdatum ist der 14. Dezember 2023. Deutsche Vorbestellungen sind noch nicht zu finden, wer import-freudig ist, kann jedoch die normale Variante der Collection für umgerechnet ca. 63 Euro vorbestellen. Zudem gibt es eine aufwändigere Edition mit Blu-Ray-Bonusdisk und weiteren Goodies zu den enthaltenen Spielen. Die Webseite mit allen Informationen findet ihr bei taito.co.jp.

 

 

Homebrew Games Summer Showcase 2023: Und wer jetzt immer noch nicht genug Futter für seine Retrokonsolen hat, kann sich auf YouTube eine Kompilation von Matt Hughson anschauen, in deren 30-minütigen Verlauf er ganze 140 Spiele vorstellt, die 2023 erschienen oder noch erscheinen werden. Informationen zu den Spielen hat Matt in einem ausführlichen Google-Spreadsheet gesammelt.

 

 

Frische Gehäuse für das NES: An Spielen sind wohl alle Leserinnen und Leser nun gut versorgt, doch was, wenn das alte NES schon etwas vergilbt ist und Macken hat? Da hat Retro Game Restore eine Antwort: RGR stellt schon länger neue Gehäuse für Retro-Konsolen her, die neuen NES-Gehäuse-Ersatzteile sind jedoch so cool, dass wir sie euch nicht vorenthalten möchten. Neben einem Ersatz-Gehäuse, das den Original-Look des NES repliziert – etwas, was schon lange bei RGR angefragt wurde –, veröffentlichen die Bastler auch mehrere Farbgebungen, die an den späten 90er-Jahre-Stil der transparenten Elektronik-Gehäuse erinnern, man denke an den Game Boy Advance. Das simple durchsichtige Gehäuse ist leider bereits vergriffen, dafür sind die sehr viel spanennderen „Atomic Purple“ und „Transparent Red“ noch verfügbar und werden im September 2023 verschickt. Mit diesen Mods fällt man auf jeder Retromesse auf.

Erhältlich sind die Bauteile bei castlemaniagames.com, 120 Dollar sind dafür auf den Tisch zu legen. 

 

 

Neues Archiv für alte Trailer und Pressekonferenzen: Die Dokumentarfilmer von Noclip fertigen regelmäßig schwarmfinanzierte Videospiele-Dokus an, im Zuge dessen stoßen sie aber auch auf Filmmaterial aus der Spielehistorie. Auf ihrem neuen YouTube-Kanal Noclip Game History Archive archivieren sie seit ein paar Wochen Spieletrailer und Pressekonferenzen, die in die Zeit der 2000er-Jahre fallen. Unglaublich: Diese in dieser Qualität nie gesehenen Videos stammen von Videokassetten, die Noclip in letzter Sekunde vor dem Verschütten auf einer Mülldeponie bewahrt haben – die Kassetten hätte also fast das gleiche Schicksal ereilt wie viele Atari-Module im Video Game Crash 1983. Momentan sind die Macher von Noclip damit beschäftigt, die Tapes durchzuschauen, auf dem YouTube-Kanal gibt es aber bereits aufregende Trailer zu teils nie erschienenen Spielen, und auch einen Hammer: die vollständige E3-Pressekonferenz von Sony aus dem Jahr 2006, die sich einen berüchtigten Ruf eingehandelt hat. Die Pressekonferenz wurde für ihre peinlichen Momente bekannt, darunter die Zitate "giant enemy crab" und "Riiidge Racer", die schnell zu frühen Internet-Memes wurden. Ein Kommentar zu dem neuen Video auf YouTube lautet: „Das ist entsetzlich genial. Es ist, als würde man den besten Autounfall aller Zeiten sehen.“

 

 

Bandai Namco-Soundtracks kostenlos auf YouTube: Und noch ein YouTube-Nachschlag: Unter dem Namen Bandai Namco Game Music hat Publisher Bandai Namco seine, nun, Game Music – also Spiele-Soundtracks – aus dem eigenen Portfolio kostenlos auf YouTube zur Verfügung gestellt. Damit sind Fans nicht mehr auf teure Sammlereditionen angewiesen, sondern können über praktische Playlists ganze Soundtracks oder auch einzelne Tracks ansteuern. Bisher vorhandene Highlights sind Elden Ring, Dark Souls, Soul Calibur und die Soundtracks aller Tekken-Spiele, es sollen weitere Titel dazukommen.

 

 

Wachstumsmarkt für Prügelspiele: Der Markt für Kampfspiele verzeichnet einen Aufschwung und wird voraussichtlich erheblich wachsen. Laut einer Datenanalyse von Market Growth Reports soll die weltweite Größe des Marktes in den 2020er-Jahren von 1,4 Milliarden USD (2022) auf 2,2 Milliarden USD (2028) ansteigen, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 7,6%. Die Branche hat sich in den letzten Jahren besonders durch die Integration von mobilen Plattformen, wie zum Beispiel Spiele wie Marvel Contest of Champions und Dragon Ball Legends, erweitert. Dennoch verliert auch der traditionelle Konsolenmarkt nicht an Bedeutung.

Einige wenige etablierte Marken dominieren den Kampfspiele-Markt und kämpfen um Marktanteile:

  • Mortal Kombat: Als meistverkaufte klassische Kampfspielserie hat sie seit ihrer Gründung über 80 Millionen Einheiten verkauft. Der aktuelle Eintrag in der Franchise, Mortal Kombat 11, verzeichnete mit 15 Millionen verkauften Einheiten den bisherigen Höchststand.
  • Tekken: Diese klassische Franchise hat etwa 55 Millionen Einheiten im Laufe der Zeit verkauft. Der neueste Teil Tekken 7 war mit 10 Millionen verkauften Einheiten besonders erfolgreich.
  • Dragon Ball: Überraschenderweise ist diese Franchise historisch gesehen die zweitmeistverkaufte nach Super Smash Bros. Spiele wie Dragon Ball Xenoverse 2 und Dragon Ball FighterZ konnten beide mehr als 10 Millionen Einheiten verkaufen.
  • Street Fighter: Diese Franchise hat ungefähr 50 Millionen Einheiten im Laufe der Zeit verkauft und verzeichnet ebenfalls ein kontinuierliches Wachstum. Street Fighter 5 erreichte über 7 Millionen Verkäufe, und Street Fighter 6 verzeichnete bereits in seinem ersten Monat 2 Millionen verkaufte Einheiten.
  • Super Smash Bros.: Während viele Hardcore-Fans diese Franchise nicht als echtes Kampfspiel betrachten, ist sie dennoch äußerst erfolgreich. Die neueste Version, Super Smash Bros. Ultimate, verkaufte überwältigende 31 Millionen Einheiten.

Es gibt noch weitere Marken wie UFC, Injustice, Marvel vs. Capcom und Soul Calibur, die ihre eigenen Nischen im Prügelspiele-Universum gefunden haben und um Marktanteile kämpfen. Dennoch sind die oben genannten "Big Five" die Hauptakteure der Branche. Interessanterweise wurden alle diese führenden Franchises im 20. Jahrhundert gegründet, die meisten davon in den 80er-Jahren. Um relevant zu bleiben, haben sie sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt – ein Trend, der auch in der gegenwärtigen Phase anhält.

 

 

Zeitreise: Ultima III

Ab in die Zeitmaschine! Vor 40 Jahren erschien Ultima III: Exodus und markierte das Ende der „Age of Darkness“-Trilogie der Ultima-Serie.

Richard Garriott hat sich nicht viele Gedanken um den Titel des dritten Teils der Ultima-Reihe gemacht. Was das Wort Exodus bedeutete, wusste er nicht, als er das Spiel so betitelte, ebenso wenig um die biblischen Konnotationen, oder dass der Titel nichts mit der Handlung des Spiels zu tun hatte. Laut Lord British, so Garriotts Künstlername und Alter Ego in der Ultima-Welt, war es für ihn einfach nur ein Wort, das gut klang. Im erzählerisch reichen, aber an Gameplay-Hinweisen armen Handbuch versuchte Co-Autor Roe R. Adams III, der bereits an Handlungen und Handbüchern der Wizardry- und Bard’s Tale-Reihen mitarbeitete (und später zusammen mit Garriott die acht Tugenden Ultimas entwickeln würde), den Titel anhand einer Einleitung herzuleiten, die an alte Seefahrer-Legenden erinnert: 

„Ein möglicher Hinweis auf die Identität deines Erzfeindes wurde entdeckt. Ein marodes Handelsschiff wurde kürzlich in den Hafen geschleppt. Es waren keine Besatzungsmitglieder an Bord, weder lebendig noch tot. Alle waren verschwunden, als wären sie von einer bösen Macht von Bord gerissen worden. Das Einzige, was man fand, war ein mit Blut geschriebenes Wort auf dem Deck: EXODUS.“

Im Spiel taucht dieses Schiff nicht auf und kann damit auch keine Hinweise auf die Identität des Bösewichts geben, der seit kurzer Zeit für Tod und Verderben im Lande Sosaria sorgt. Die einleitende Erzählung weiß jedoch: Bei Exodus muss es sich um den Nachwuchs aus einer unheiligen Vereinigung der Ultima I & II-Schurken, Mondain und Minax, handeln, der von den Heldinnen und Helden erschlagen werden muss. 

 

Die Charakter-Erstellung

 

Die verkörperten Figuren in Ultima III gestalten sich divers. Anstelle des bisher aus den ersten beiden Teilen bekannten solitären „Fremden“ können Spielende nun eine Truppe von bis zu vier Reckinnen und Recken zusammenstellen, ein Element, bei dem sich Garriott laut eigener Aussage von Wizardry hat inspirieren lassen. Dieses klassische Rollenspiel-Prinzip findet hier das erste und einzige Mal Anwendung: In späteren Teilen konnte zwar auch eine Party gespielt werden, die jedoch erst im Verlaufe des Spiels gesammelt wurde, anstelle sie vor dem Spiel anzupassen.

Wie auch die ersten beiden Ultima-Teile war Exodus noch eine Fingerübung für Richard Garriott. Erst ab dem vierten Teil, sagt Garriott in einem Interview, konnte er sich wirklich auf das Spiel selber konzentrieren, ohne sich von Programmier-Problemen ablenken zu lassen. Das ist auch an der Generalüberholung der Serie zu erkennen, die mit Teil 4 – Quest of the Avatar – stattfand. Exodus war das erste Ultima-Spiel, das via Origin Systems, Garriotts eigener, 1983 gegründeter Firma erschien. So erreichte Feedback zum Spiel direkt Richard Garriott, nicht einen fremden Publisher. Eine der Erzählungen, die an Lord British herangetragen wurden, waren Spielende, deren Hobby in der Spielwelt es nicht war, die Quests als guter Held zu lösen, sondern alles und jeden umzubringen – vor allem Lord British. Mit dem in Quest of the Avatar eingeführten Tugend-System, das zu Beginn des Spiels die Prioritäten der Spielerinnen und Spieler abfragt, versuchte Garriott, mehr Immersion zu schaffen: Die Spielenden sollten nicht mehr bloß eine Rolle verkörpern, sondern sich selbst spielen. Und hoffentlich wie ein Held agieren und nicht marodierend durchs Spiel ziehen.

 

Vor dem Thron des Lord British

 

Dass Teil 3 noch eine Übung für Garriott war, kein durch und durch perfektes Spiel, ist schon am Setting zu erkennen: Wie Teil 1 greift Exodus auf die Welt Sosaria zurück, die Garriotts Dungeons & Dragons-Abenteuer entstammt. Teil 2 spielte dagegen auf unserer Erde – ein wildes Durcheinander. Erst Quest of the Avatar etabliert die bekannte Ultima-Welt Britannia. Die entsteht in der Handlung der Spiele auch nur aus dem zerstörten Sosaria, bildet aber so einen Neuanfang für die Serie, die dabei dann auch gleich fremdelnde Science-Fiction-Elemente über Bord wirft. Wie Garriott es formuliert:

„„Ultima 1 bis 3 sind nur dadurch verbunden, dass ich bei jedem Spiel zurückgeschaut und da weitergemacht habe, wo ich willkürlich aufgehört habe. Bei Ultima 4 habe ich endlich gesagt: Ich schaffe die Balrogs und Orks von Tolkien ab, ich schmeiße die Lichtschwerter und Landspeeder aus Star Wars raus. Ich erfinde meine eigene Welt von Grund auf.“

 

Richard Garriott, 1983 und 2020

 

Exodus spart sich immerhin zum größten Teil die Sci-Fi-Verweise. Bis die Spielenden am Ende überrascht werden: Der Oberbösewicht ist kein Dämon, sondern ein Computer, und die vier magischen Karten, die im Verlauf des Spiels zu sammeln sind, entpuppen sich als Lochkarten. Auch hier zeigt sich eine leichte Willkür auf Seiten Garriotts: Wie haben Mondain und Minax einen Computer als Nachfahren geschaffen? 

Trotz Coding-Schwierigkeiten und ohne genauen Plan für die Serie entwickelt Exodus die Technik und das Gameplay der Serie weiter. Während die untersten vier Zeilen der Apple-II-Grafik im vorherigen Teil noch für reine Textausgabe reserviert waren, kann der komplette Bildschirm nun Grafik darstellen. Zudem ersann Garriott einen Algorithmus, der sich mit dem Gameplay verwob: Eine Sichtlinien-Mechanik hindert die Spielenden nun, durch Wände zu sehen. Die Draufsicht aus vorherigen Titeln wurde beibehalten, jedoch sind nun nicht mehr auf jedem Bildschirm alle Figuren und Gegner zu sehen, bis sie nicht auch logisch für die Party zu sehen waren. Dies nutzt Exodus für Gemeinheiten, die in vorherigen Ultimas nicht möglich gewesen wären. 

In Exodus muss mit NPCs geredet werden, um essentielle Hinweise für die Lösung des Spiels zu erhalten. Und es sind viele NPCs, die mit Vorliebe in Rätseln sprechen. Das wäre kein Problem, wenn diese Figuren nicht – anscheinend!? – um das Sichtlinien-Feature wüssten. Welchen Grund hat dieser Charakter, sich in der hintersten Ecke einer unrealistisch Tetris-förmigen Wand zu verstecken, hinter der man ihn erst sieht, wenn man auf dem Feld daneben steht?

 

Warum versteckt der NPC sich da?

 

Ein Aspekt, den Lord British vielleicht nicht zum Guten weiterentwickelte, ist der Parser des Spiels. Moment, Parser? Die frühen Ultima-Spiele nutzten doch eine Hotkey-Steuerung – “A” zum Angreifen, “C” um einen Zauberspruch zu wirken, und so weiter. Mit der aufkommenden Popularität von Textadventures erhielt jedoch nun auch die Ultima-Reihe einen Aspekt der Adventure-Anfangszeit: Bevor die Idee aufkam, Adventures frustfrei und spaßig zu gestalten, war es die typische Rätsellogik von Adventures, den Spielenden vorzuenthalten, welche Verben sie an gewissen Stellen zu nutzen hatten. Das Herausfinden von Wörtern war Teil des Rätsels. Und genau dieses Element hält Einzug in Ultima III: Exodus. Damit Spieler dieses neue Rätsel auch zu schätzen wissen, gibt es nicht nur hilfreiche versteckte Verben wie BRIBE (Bestechen), sondern auch zu erratende Verben, die für das Fortfahren im Spiel notwendig sind. Eines dieser Verben ist PRAY (Beten), das im Tempel einen wichtigen Hinweis ergibt – zum Glück kein abwegiger Befehl in einem Tempel. Ganz ohne Hilfestellung sind Spielende nicht: NPCs erklären die wichtigsten Begriffe in Konversationen.

An anderer Stelle verbesserte Garriott das Spielerlebnis deutlich: Dungeons machten endlich Spaß. Wie in Ultima I präsentierten sich Dungeons in Ultima II noch mit farblosen Drahtgitterwänden, und der Inhalt war so trist wie die Grafik. Es gab keinen Grund für die Heldinnen und Helden der Erde, sich in die Dungeons herabzulassen, denn am Ende der meisten Gewölbe wurden sie mit der gleichen Überraschung entlohnt: nichts. Zugegebenermaßen war für damalige Spielerinnen und Spieler vielleicht der Weg das Ziel, und es war nicht wichtig, ob vitale Informationen in der Oberwelt gesammelt wurden oder Monster in Kavernen erschlagen. 

 

Farbige Flächen in Dungeons – wie schön!

 

Dennoch verbessert Garriott das System der Dungeons in Exodus deutlich. Endlich erstahlen die Dungeons, die in der Ego-Perspektive erkundet werden, in bunten Farben. Und auch die Inhalte werden bunter: Reichtümer und Items locken Abenteurerinnen und Abenteurer in die Tiefe, ganz zu schweigen von den vier Zeichen, die in den Dungeons zu finden sind, die sich in einem schmerzhaften magischen Prozess auf den Körper des Avatars übertragen und ebenso notwendig für den Abschluss der Handlung sind wie die unzähligen NPC-Gespräche.

Wie auch die Vorgänger wurde Exodus von Fans und Kritikern positiv empfangen. Aufmerksamen Leserinnen und Lesern ist das Erscheinungsjahr 1983 als das Jahr des großen Videospielcrashs aufgefallen – das Überleben des jungen Studios Origin Systems wird der hohen Qualität und guten Reputation der Ultima-Serie angerechnet. Die Rezensentin Scorpia lobte in Computer Gaming World Dezember 1983 die Verbesserungen gegenüber den Vorgängern, ärgerte sich aber über das antiklimaktische Roboter-Ende. 

Ultima III: Exodus war das erste Spiel der Serie, das für eine Konsole veröffentlicht wurde. Es wurde 1986 von Origin auf das NES portiert. Dabei handelte es sich um das gleiche Grundspiel, das jedoch einige Änderungen aufwies: Die Grafik wurde durch Zeichnungen im Anime-Stil ersetzt, und die Hotkey-Steuerung wurde durch ein System von Popup-Menüs ersetzt, das an andere NES-RPGs dieser Zeit wie Dragon Warrior und Final Fantasy erinnert. 

 

Stilsicher und hübsch: Das Anime-Cover der NES-Version

 

Im November 1985 – also zwei Jahre nach Ultima III – erschien der Nachfolger Ultima IV: Quest of the Avatar, der die Ultima-Reihe von Grund auf erneuerte. Ultima III: Exodus markierte das Ende der „Age of Darkness“-Trilogie, darauf folgt die „Age of Enlightenment“-Trilogie, in der sich die Serie vom Hack-and-Slash- und Dungeon-Crawl-Gameplay der Vorgänger zu einem tugendzentrierten, handlungsorientierten Ansatz entwickelt. Die Größe der Spielwelt von Ultima IV übertraf die von Ultima III um das Sechzehnfache. Dazu jedoch mehr an dieser Stelle in zwei Jahren und ein paar Monaten.

 

 
 
 
 

Bis nächstes Mal!

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