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#51 – JULI 2025
Themen in diesem Insider:
hier ist Gunnar. Als ich diese Zeilen schreibe, sind es 33 Grad Celsius auf der Straße vor dem SFHQ. Ich gehe natürlich nicht raus, aber ich nehme an, es sieht dort aus wie im Film Dune. Im SF-Büro ist es halbwegs erträglich, es kämpft das tapfere Klimagerät (betrieben mit hauseigenem Solarstrom) gegen die Hitze und ermöglicht mir so das Arbeiten. Einigermaßen, die Kombi Buchhaltung + Hitze ist nur so mitteltoll. Nicht mal die Katze hat noch so richtig Lust, angefasst zu werden, wenn ich den Gesichtsausdruck richtig deute:
Aber wurscht, der erste Schritt zum Glück ist es, mit dem Jammern aufzuhören, wie Einstein angeblich mal gesagt hat, also kommen wir zur Sache.
Eine Neuerung, die es nicht mehr in die kürzlich erschienene „Wo wir stehen”-Folge (das ist das Format, wo wir über den Stand des Projekts Stay Forever berichten) geschafft hat: Wir haben bei Spotify jetzt auch Kapitelbilder. Obwohl, das stimmt nicht ganz: Spotify erlaubt Podcasts jetzt das Hochladen von Folgen als Video, ganz offenbar in der Hoffnung, Youtube zumindest in ein paar Segmenten Paroli bieten zu können. Und dieses Feature nutzen wir ab sofort – zu allen neuen Hauptfolgen (also denen, die auch auf Youtube erscheinen) laden wir in Spotify das eh für Youtube erstellte Video hoch. Video meint in diesem Fall „Audio mit Kapitelmarken und -Bildern“. Damit kann man dann auch die Kapitel anspringen und die Kapitelbilder anschauen. Wir haben das für die Folgen bis zu Gothic rückwirkend gemacht und werden sicher aus dem Backkatalog noch mehr Folgen mit Video aufwerten, das aber nach und nach. Für die Unterstützerfolgen, die man ja auch mittlerweile auf Spotify hören kann, gilt das leider nicht.
Und kurz noch ein bisschen Reklame in eigener Sache: Wie ihr wisst, wird Stay Forever von den Abonnenten via Patreon und Steady finanziert. Deren Beiträge ermöglichen auch, dass die Folgen im offenen Feed in dieser Qualität produziert und werbefrei angeboten werden können. Hinter der Paywall finden sich dafür hunderte von Folgen, die Palette reicht von Ergänzungen zu den Hauptfolgen (kostenlose Beispielfolge) über persönliche Gunnar/Chris-Plaudereien (Beispiel) über SFT-Kurzversionen mit Henner und Fabian (Beispiel) bis zu zahlreichen Staffeln unseres beliebten Audio-Let’s-Play-Formats (Beispiel). Und noch viel mehr, eine komplette Übersicht ist hier. Und wer sich bis zum 10.7. sogar zu einem Abo auf der Stufe „Exzentrischer Großmäzen” entschließt bekommt direkt im Juli das Quartals-Goodie zugeschickt: ein 278 Seiten starkes Stay-Forever-Quiz-Buch von Christian Beuster, unserem kongenialen Quizmaster. Klick: Patreon oder Steady.
Und jetzt weiter, kommen wir zu den Inhalten:
Stay Forever: Vor 40 Jahren, im Juli 1984, wurde der Amiga der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Passend dazu besprechen wir bei Stay Forever einen Amiga-Klassiker. Aber welchen? Das haben wir wieder unsere Unterstützerinnen und Unterstützer entscheiden lassen. Gewonnen hat das Cinemaware-Kultspiel It Came From the Desert. Gunnar und Chris gegen die Killer-Ameisen – wie das wohl ausgehen wird …?
Super Stay Forever: Auch beim Thema für die Juli-Folge von Super Stay Forever durften unsere Patreons und Steadys mitreden; zur Auswahl standen drei Beat’em-ups, die jeweils in der Spielhalle ihr Debut gaben. Dabei konnte sich die Fantasy-Klopperei Golden Axe von Sega klar gegen die Konkurrenz durchsetzen. Also satteln Fabian und Chris die Reitechsen und ziehen los, um Death Adder das Handwerk zu legen.
Stay Forever Technik: Die Ministaffel zum Amiga war eigentlich schon für Juni angekündigt, aber … im Juli passt sie eh besser, siehe oben. Und außerdem haben Henner und Gunnar sehr viel über Commodores Kult-Computer zu erzählen, der insbesondere in Europa viele Spieler-Karrieren begründet oder maßgeblich beeinflusst hat. Vielleicht auch eure …?
Quizduell: Stay Forever vs. Retro Gamer! Vor einer Weile gab es bei Stay Forever schon mal ein Team-Duell im Quiz, damals traten Gunnar und Henner gegen Chris und Fabian an. Eine Revanche steht noch aus … aber stattdessen haben wir ein externes Team zum Duell gebeten! Jörg und Hardy von der Zeitschrift Retro Gamer batteln sich mit Chris und Fabian. Ausgewiesene Retro-Experten sind alle vier, es dürfte also ausgesprochen spannend werden …!
Unterstützer-Inhalte im Juli
Wusstet ihr eigentlich …? Gleich zu drei Hauptfolgen gibt es im Juli Ergänzungsepisoden mit jeder Menge Expertenwissen. Den Anfang machen Gunnar und Fabian zu Metal Gear Solid 2, dann sprechen Gunnar und Chris noch einmal über King’s Quest, und schließlich haben Fabian und Chris noch einiges zu Golden Axe zu sagen, was nicht in die Hauptfolge gepasst hat. Vom einfachsten Adventure-Rätsel der Welt bis zu blutigen Schock-Effekten für Japaner ist jede Menge Kurioses dabei.
Stay Forever Technik Bits: Ist das überhaupt schon retro? Das Balance Board für Nintendos Wii kam immerhin erst 2007 auf den Markt. Und ein obskures Stück Hardware kann man es auch nicht nennen, denn es war ausgesprochen erfolgreich. Ein etwas seltsamer Controller ist es trotzdem, und der hat – wie so oft – eine interessante Geschichte. Henner und Fabian erzählen sie euch.
Zehn Jahre klüger: Im Juli 2015 starb der Nintendo-Chef Satoru Iwata unerwartet und vergleichsweise jung mit nur 55 Jahren. Welches Erbe hinterließ Iwata? Das erkunden Chris und André ebenso wie die Frage, warum in China bis Juli 2015 westliche Spielkonsolen verboten waren (und wieso sich das dann änderte) und wie Microsoft mit Windows 10 viel des Unmuts über den Vorgänger Windows 8 wieder ausbügeln konnte.
Interview: Phil South. Unsere Stay-Forever-Staffel zum Textadventure Fish! endete ohne Interview. Das holen wir jetzt nach, denn in der Zwischenzeit ist es uns nämlich doch noch gelungen, mit einem der Macher Kontakt aufzunehmen. Der Brite Phil South war einer von drei Designern des Spiels und erzählt im Gespräch mit Chris, wie er zu Magnetic Scolls kam, wer der eigentliche kreative Kopf hinter Fish! war und warum sich das Spiel um Fische dreht – und wieso es demnächst vielleicht einen Nachfolger geben könnte.
Stay Forever Spielt: Elvira: Mistress of the Dark. Es wird wieder Zeit für Horror bei Stay Forever Spielt! Im Jahr 1990 erschien Elvira: Mistress of the Dark von Horror Soft aus England, das Adventure mit Rollenspiel-Elementen und Kämpfen vermischt. Horror Soft könnte langjährigen Hörern bekannt vorkommen, denn die hatten wir schon mal: A Personal Nightmare war 2017 das fünfte Spiel, das wir bei Stay Forever Spielt besprochen haben. Elvira ist der direkte Nachfolger. Das Spiel macht aber nicht nur einen ordentlichen technischen Sprung, sondern ändert auch einiges an den Spielmechaniken. Und nicht zuletzt spielt es im Universum des 1988er-Kinofilms Elvira: Herrscherin der Dunkelheit. Die schickt uns im Spiel in ein Spukschloss, um dort allem Übernatürlichen den Garaus zu machen. Ob uns das gelingen wird …?
Stay Forever anderswo
Fabian anderswo: Ende Mai bis Anfang Juni lief bei Wondery eine weitere Staffel des Podcasts „Kampf der Unternehmen”: Diesmal ging es um Die Nintendo Story, also den Aufstieg des Entertainment-Riesen aus Japan. Die Staffel endete mit einer Bonusfolge, in der Nintendos Erfolgsrezept ausgelotet wird. Expertengast dafür: unser Fabian! Wondery hätte sich keinen besseren aussuchen können. Die Folge findet hier hier.
Chris anderswo: Vor wenigen Monaten startete der neue Games-Podcast Kein Brot, nur Spiele rund um den ehemaligen nTower-Mitarbeiter Florian, dessen Frau Jenny und mehrere Mitstreiter. Ende Juni war Chris dort zu Gast und sprach mit Jenny und Dennis über den modernen Retro-Kosmos, dessen Bedeutung, Vermarktung und Ausprägungen. Das kurzweilige Gespräch könnt ihr hier anhören.
Gunnar anderswo: Der deutsche Kulturrat gibt seit mehr als 20 Jahren eine exzellente Monatsschrift namens “Politik und Kultur” heraus, mit wechselnden Schwerpunkten. Die Juli-Ausgabe beschäftigt sich mit alten Computern und neuer Kunst. Es kommen Kenner der Retroszene ebenso zu Wort wie Menschen, die in der Demoszene zu Hause sind: Künstlerinnen und Künstler, die mit frühen 8-Bit-Rechnern aktuelle Kunst schaffen. Außerdem IT-Experten, Museumsleiter, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Tüftlerinnen und Tüftler und, uh, Gunnar. Der hat einen Beitrag über die Entstehung der Demo-Szene beigesteuert. Die ganze Ausgabe kann man als gedrucktes Exemplar kaufen oder kostenfrei als PDF lesen.
Stay-Forever-Hörer Oliver Jeskulke hat in seiner Freizeit einen eigenen Fußballmanager entwickelt. Im Gespräch erzählte er uns von seiner Motivation und seinen Zielen, einen zugänglichen Retro-Manager zu erschaffen. Zudem können Insider-Leser eine Ausgabe des Spiels gewinnen.
Fußballmanager-Spiele gehören zu den prägendsten Genre-Erlebnissen vieler PC-Spielerinnen und Spieler der 90er-Jahre. Anstoss, Bundesliga Manager – oft gemeinsam vor dem Amiga gespielt, mit viel Fantasie und wenig Komfort. Oliver Jeskulke kennt diese Zeit gut: Als Kind tippte er Programme aus dem C64-Handbuch ab, später programmierte er kleinere Spiele in AMOS, und irgendwann kamen die Manager an die Reihe. Jahrzehnte später begann er, seinen eigenen zu entwickeln: Boeckham’s Football Manager.
Die ursprüngliche Idee entstand aus Enttäuschung. „Ich wollte Anstoss nochmal spielen, im Emulator. Aber irgendwie war es nicht mehr das Gleiche. Die alten Spiele waren in meiner Erinnerung besser.“ Auch moderne Manager konnten ihn nicht überzeugen: zu komplex, zu viel Online-Content, zu mobil, zu wenig nachvollziehbar. „Ich kann mir einfach nicht merken, welcher Spieler bei Regen besser mit gelben Schnürsenkeln spielt.“
Die Lösung: ein eigener Manager, der das Spielgefühl von früher einfängt, aber gezielt erweitert. 2006 entstand eine erste Browserfassung in HTML und JavaScript. Ab etwa 2013 arbeitete Oliver in seiner Freizeit an einer Unity-Version, neben Beruf und Alltag, in langen Etappen mit vielen Pausen. „Mal waren es zwei Monate, mal zehn.“
Boeckham’s Football Manager verfolgt einen doppelten Ansatz. Zum einen soll es eine „Retro-Erfahrung“ bieten: klare, direkte Spielmechanik, nachvollziehbare Konsequenzen, schnelle Fortschritte. „Eine Saison soll an einem Abend spielbar sein“, sagt Oliver. Zum anderen soll das Spiel über narrative Elemente verfügen: Events, die dynamisch miteinander verwoben sind und auf Spielerentscheidungen reagieren. Als Manager entwickelt man sich weiter, wechselt Vereine, baut Skills aus, erlebt eine persönliche Reise. „Es geht nicht um einen Verein, sondern um dich als Manager.”
Technisch basiert BFM auf Unity und C#. Grafik und Sound stammen teils von externen Freelancern, teils von Oliver selbst. Besonders aufwändig waren die Einbindung der vielen Storyevents und die nachträgliche Lokalisierung: „30.000 Wörter mussten rausgezogen, tokenisiert und übersetzt werden. Dabei hatte ich das anfangs gar nicht geplant.“ Auch das Balancing stellte sich als zeitintensiv heraus. „Eine kleine Zahl ändern, kompilieren, laden, simulieren, vergleichen – das kostet Zeit.“
Die Veröffentlichung erfolgte zuerst auf itch.io, später auf Steam. Vor dem Release holte sich Oliver Unterstützung, führte Tests durch, erstellte einen Trailer und durchlief den vollen Steamworks-Prozess inklusive Steuerformularen, Shopgestaltung und Build-Verwaltung. „Allein die Einrichtung des Steam-Backends war ein eigenes Projekt”, seufzt er.
Die Retro-Gestaltung zieht sich durch das ganze Spiel: Notizzettel, Klebezettel, eine stilisierte Pinnwand. „Ich wollte eine grafische Nähe zu den 90er-Jahren schaffen, ohne eine komplette UI-Metapher wie in Anstoss zu bauen.“ Der grafische Stil wurde in mehreren Phasen überarbeitet, auch mithilfe von Pixel-Art-Designern, die Oliver auf der Freelancer-Plattform fiverr fand. „Ich habe dabei gelernt, dass es sinnvoll ist, sich Hilfe zu holen.“
Trotz minimalem Marketing und einem rein hobbymäßigen Budget von unter 1.000 Euro wurde das Spiel veröffentlicht. Stand Juni 2025 hat BFM 454 Spielerinnen und Spieler erreicht. „Das ist völlig okay”, resümiert Oliver, “das Spiel ist für eine Nische gemacht und soll genau diese erreichen.“ Wichtiger als Verkaufszahlen ist für ihn das Feedback. Über Discord diskutiert er mit seiner kleinen Community und setzt Wünsche um – mit Bedacht: „Man muss auch mal Nein sagen, sonst verwässert die Vision.“ Dennoch sei der Austausch eine der größten Motivationsquellen überhaupt gewesen, sagt er. „Zu wissen, dass jemand das Spiel spielt und Verbesserungsvorschläge hat, ist viel wert.“
Die Zukunft des Spiels ist offen, aber nicht dringlich. „Es gibt noch viele Ideen. Aber da kein finanzieller Druck besteht, mache ich nur weiter, wenn es sich richtig anfühlt.“ Und das tut es aktuell: BFM ist ein Spiel für Menschen, die Anstoss mochten, aber im Jahr 2025 nicht mehr die Geduld für 97 Spielerattribute haben.
Zusammen mit Oliver verlosen wir drei Steam-Keys für Boeckham’s Football Manager. Bei Interesse meldet ihr euch mit dem Betreff „Ich will Fußball spielen!” bei christopher.baer@stayforever.de. Die Teilnahmebedingungen findet ihr hier.
Zum Spiel auf itch.io: https://olipool.itch.io/boeckhams-football-manager
Zum Spiel auf Steam: https://store.steampowered.com/app/3523140/Boeckhams_Football_Manager/
Der Titel verrät bereits, was sich hinter dem Einband dieser Publikation verbirgt: kurze, sachliche Abhandlungen über 50 Computer-, Video- und Mobile-Games, die die Spielwelt seit den 1970er-Jahren geprägt haben. Herausgegeben wurde der 420 Seiten starke Sammelband von Daniel Martin Feige und Rudolf Inderst. Rahel hat das Buch gelesen.
Gleich zu Beginn stellt sich eine schwierige Frage, die die beiden Herausgeber in ihrer Einleitung aushandeln: Welche Spiele sind so relevant, dass sie Teil des Buchs sein sollten und welche werden stillschweigend ausgelassen? Die Entscheidung trafen Feige und Inderst anhand einer Reihe von Kriterien, darunter Spiele mit besonderer historischer Bedeutung sowie Spiele, die technologische Durchbrüche markieren oder einzigartige Spielmechaniken präsentieren. Weitere Gesichtspunkte sind die narrative Tiefe und künstlerischen Qualitäten eines Spiels. Hinzu kommt die Rezeption, weswegen auch Titel besprochen werden, die einen besonderen kulturellen und sozialen Einfluss ausüben, zum Beispiel im Rahmen von gesellschaftlichen Debatten, die sie angestoßen haben. Ähnliches gilt für Spiele, die eine starke Präsenz in der Popkultur haben, die einen bemerkenswerten kommerziellen Erfolg vorweisen können und die durch ihre Community hervorstechen. Kurzum: Die Liste an Aspekten, die Feige und Inderst zufolge ein Computerspiel „relevant“ machen, ist ganz schön lang. Hinzu kommt, dass der Sammelband Titel aus verschiedenen Epochen der Digitalspielgeschichte vorstellt und dabei außerdem eine Vielzahl an Genres und Plattformen abdeckt. Entsprechend vielfältig sind sowohl die ausgewählten Spiele als auch die dazugehörigen Beiträge. Wichtig ist dabei, dass es nicht das Ziel des Buchs ist, die „wichtigsten Spiele aller Zeiten“ vorzustellen – sondern lediglich, 50 relevante Titel zu beleuchten.
Genau hier liegt eine besondere Stärke des Buchs: Jeder Aufsatz hat seinen eigenen Stil und seinen eigenen Blick auf das jeweilige Spiel. Während Felix Zimmermann und Tobias Winnerling ergründen, inwiefern Anno 1602 in seiner historischen Inszenierung eine kolonialismusfreie Fantasiewelt erfindet, konzentriert sich Britta Neitzel in ihrem Beitrag zu Ingress darauf, wie das Mobile Game den Weg bereitete für Nachfolger wie Pokémon Go und dabei die Community aktiv in die Spielentwicklung einbezog. Stay-Forever-Hörerin Linda Dambacher wiederum befasst sich mit der Relevanz von Tomb Raider in Hinblick auf die Darstellung und insbesondere die Rezeption von weiblichen Videospielheldinnen. Dagegen nimmt Robert Bannert in seinem Aufsatz zu Sonic eher die technischen Besonderheiten des Spiels in Augenschein. Bei all diesen Beiträgen gilt stets: In der Kürze liegt die Würze, nur ein Text ist länger als zehn Seiten (Literaturverzeichnis inklusive).
Dadurch erhält man selbst bei Spielen, die man gut kennt, zwar nicht unbedingt neues Wissen, aber doch frische Denkanstöße. Bei Titeln, die man selbst gar nicht oder nur wenig gespielt hat, bietet der Sammelband einen guten und kurzweiligen Einstieg, um deren Bedeutung nachvollziehen zu können. Besonders positiv: Für jedes besprochene Spiel folgt nach dem Aufsatz auch eine Liste an Empfehlungen für die weitere Lektüre.
Dass die Perspektiven, die die Beitragenden einnehmen, so heterogen sind, liegt unter anderem daran, dass Computerspiele: 50 zentrale Titel kein rein wissenschaftliches Buch ist. Zu den Autorinnen und Autoren zählen nicht nur Digitalspielforschende, sondern auch Fachjournalistinnen und -journalisten sowie Beitragende aus der Games-Publizistik.
Allerdings gibt es auch kleinere Kritikpunkte, die das Lesevergnügen schmälern. Da wäre einmal das Ästhetische: Neben dem eher lieblos gestalteten Cover – ausgerechnet bei einem Buch, das in so viele spannende, ästhetische Computerspielwelten einlädt! – fällt natürlich auf, dass keinerlei Bilder abgedruckt sind. Dabei hätten nahezu alle Beiträge von 1-2 visuellen Eindrücken profitiert, die das Beschriebene illustrieren. Ein zweiter Punkt betrifft die Lesbarkeit: Schon der in Großbuchstaben gedruckte Klappentext ist nahezu unleserlich; die eigentlichen Beiträge wurden darüber hinaus in einer winzigen Schriftgröße gedruckt. Doch der wohl größte und wichtigste Kritikpunkt betrifft das katastrophale Lektorat. Es gibt kaum einen Beitrag, in dem nicht mehrere Tipp- oder Grammatikfehler sowie uneinheitliche Schreibweisen derselben Begriffe ins Auge springen.
All diese Kritikpunkte betreffen ausschließlich die Präsentation des Sammelbands, nicht jedoch dessen Inhalt. Denn der kann sich von der ersten bis zur letzten Seite sehen lassen.
An dieser Stelle sei noch ein kleines Trivia erwähnt: An einer Stelle wird im Buch sogar auf Stay Forever verwiesen. Ihr wollt wissen, wo und in welcher Weise? Dann lest das Buch!
Ein Gecko kann durchaus über zehn Jahre alt werden. Gex von Crystal Dynamics ist das nicht gelungen, er war ein kurzlebiger Gamingstar der 90er. Seine drei Spiele gibt es nun in einer Compilation, die Fabian sich angeschaut hat.
In den frühen 90er-Jahren ist die Welt der Jump&Runs noch in Ordnung. Ach, nicht bloß in Ordnung. Sie blüht und strahlt in den hellsten Farben. Jede Spielefirma, die im Konsolensegment etwas auf sich hält, bringt irgendwann ein Jump&Run auf den Markt. Das gilt auch für das damals noch junge Studio Crystal Dynamics aus Kalifornien, 1995 veröffentlicht es für das 3DO ein ziemlich typisches Hüpfspiel mit tierischem Helden – Gex. Der vom Comedian, Schauspieler und Autor Dana Gould vertonte Gex hebt sich durch eine freche Schnauze von seinen Genrekollegen ab. Die fernsehsüchtige Echse ist nie um einen launigen Oneliner verlegen, wird aber eines Tages in die „Media Dimension“ gesogen und muss in allerlei TV-Welten Fernbedienungen sammeln.
Die Premiere: Der erste Auftritt von Gex war ein sehr klassisches 2D-Spiel.
Gex ist ein solider Sidescroller, der auf dem 3DO allein wohl nichts gerissen hätte, Crystal Dynamics portiert das Spiel aber schnell auf den PC und die neuen Konsolen PlayStation und Saturn. Hier sind allerdings 3D-Spiele angesagt, sodass 1998 und 1999 zwei entsprechende Sequels folgen: Gex: Enter the Gecko und Gex 3: Deep Cover Gecko. Vor allem auf der PlayStation finden diese zwei Spiele viele Fürsprecher, am N64 beißt sich die Echse an starker Konkurrenz wie Super Mario 64 und Banjo-Kazooie diverse Zähne aus, die bei Geckos allerdings nachwachsen.
Echse in 3D: Die beiden Sequels wirken aus heutiger Sicht technisch simpel.
Für Gex gibt es nach 1999 dennoch keine Zukunft, zu sehr war der oft etwas laute Humor Kind seiner Zeit, zu sehr waren die Spiele Imitate großer Hits, die sie letztlich nicht übertreffen oder auch nur erreichen konnten. Eine Fangemeinde hat die Echse sich aber bis heute bewahrt, sodass Limited Run Games alle drei Spiele nun für 30 Euro als Gex Trilogy anbietet. Die technische Plattform ist Limited Runs Carbon Engine, eine Emulatorplattform, welche die Spiele ohne große Veränderungen auf aktuelle Systeme bringt. Die Grafikoptionen sind bescheiden – der CRT-Modus ist ein wenig berauschender Filter, der Widescreen-Modus eine simple Verzerrung. Zumindest hat man ein wenig an der Steuerung gearbeitet, die Kamera lässt sich in den 3D-Spielen nun mit dem rechten Analogstick drehen. Außerdem kann man bei Fehlern zurückspulen und jederzeit speichern.
Bonusmaterial: Als Dreingabe gibt’s Werbung in bester 90er-Jahre-Manier.
In der Summe ist die Gex Trilogy ein Fall für Fans der Originale, denn die Zeit war nicht allzu gnädig zu den Spielen: Spielerische Schwächen fallen heute noch deutlicher auf, die zwei 3D-Teile – damals gerade für PlayStation-Verhältnisse vergleichsweise schön – sehen nicht mehr sehr ansprechend aus. Zumindest Teil drei ist dafür nun zum ersten Mal für den PC zu haben, die Portierung sparte man sich 1999. Wer hingegen nur Teil eins spielen will, greift einfach zur alten PC-Version, die oft für wenig Geld bei GOG zu haben ist.
Meine persönliche Top 10 der besten Schachtelmotive der Firma Blizzard. Ein Text von Paul Schmidt, dem Grafiker von Stay Forever.
Denke ich an Blizzard, denke ich an … Gesichter. Oder besser: große Gesichter auf großen Boxen. Kaum ein anderes Studio hat so konsequent auf Nahaufnahmen gesetzt, egal ob Helden, Schurken oder Dämonen. Mal als klassisches Porträt, mal im Kopf-an-Kopf-Duell – und manchmal so, als wollten sie direkt durch den Karton in unsere Seele starren.
Nach meinen Rankings zu den schönsten Artworks von Westwood und der Might & Magic-Reihe ist jetzt Blizzard Entertainment dran – und die haben im Laufe ihrer Geschichte einige wirklich ikonische Verpackungen abgeliefert. Hier kommen meine persönlichen Favoriten.
10. RPM Racing
Den Auftakt macht mit RPM Racing dann auch gleich ein Frühwerk von Blizzard – bzw. „Silicon & Synapse“, wie sie damals noch genannt wurden. Das Cover ist zweifellos ein Produkt seiner Zeit und zeigt noch nicht die „Erfolgsformel“ der großen, ikonischen Figuren, die Blizzard später perfektionieren sollte. Stattdessen sehen wir hier das, was uns auch im Spiel erwartet: Sportwagen, Monster-Trucks und Explosionen. Die kommen hier zwar allesamt etwas farbenfroher daher, als es im Super-Nintendo-Remake des C64-Originals „Racing Destruction Set“ dann tatsächlich der Fall ist, aber das sei verziehen.
9. The Lost Vikings
The Lost Vikings war einer der ersten großen Erfolge von Blizzard. Es ist ein cleveres Puzzle-Plattformspiel, und sein Cover spiegelt diesen Charakter perfekt wider. Die drei ungleichen Wikinger-Helden – Erik, Baleog und Olaf – sind prominent in Szene gesetzt und das Packungsmotiv lässt bereits ihre unterschiedlichen Fähigkeiten erkennen. Das farbenfrohe Artwork auf dem die drei sinnbildlich die vierte Wand durchbrechen vermittelt sofort: Hier geht es um Teamwork und charmante Hauptcharaktere. Das Cover ist insgesamt deutlich weniger martialisch als spätere Blizzard-Motive. Aber nicht weniger ikonisch.
8. Rock & Roll Racing
Ein wilder Genre-Mix aus Rennspiel, Metal-Attitüde und Comic-Krawall: Das Cover von Rock & Roll Racing schreit förmlich nach „90er-Jahre BRAVO-Poster”. Mit seinem Comic-Stil, den um sich schießenden Fahrzeugen und dem Klischee-Metalhead vereint es alle klassischen „Hell Yeah!“-Elemente. Und bricht sie dann – vermutlich ganz bewusst – mit einem fetten Pinkton im Hintergrund. Ein rebellisches, lautes Motiv, das perfekt zu den flotten Rennen des Spiels passt. Und damit auch einen guten Vorgeschmack liefert auf Songs wie „Highway Star” (Deep Purple), „Paranoid” (Black Sabbath) oder „Born to be wild” (Steppenwolf), die als Instrumental-Version im Spiel auftauchen und überraschend nah dran am Original sind.
Die Genesis-Version hingegen setzt mehr auf brachiale Ernsthaftigkeit – und verliert dadurch etwas von ihrem Poster-Charme.
7. World of Warcraft: Warlords of Draenor
Die Artworks der World of Warcraft-Erweiterungen sind – genau wie die des Hauptspiels – generell alle sehr stimmig und schaffen es immer wieder, die Essenz des jeweiligen Add-ons einzufangen. Auch wenn das manchmal einfach nur ein Panda mit einem Kampfstock ist. Warlords of Draenor sticht für mich aber besonders hervor. Grommash Hellscream nimmt mit seiner übermenschlichen Physis fast das komplette Packungsmotiv ein. Der martialische Stil und die völlig übertriebenen Proportionen lassen gut erahnen, dass die ursprüngliche Inspiration für Warcraft im ähnlich überzeichneten Warhammer-Universum liegt. Insgesamt ist das Cover damit ein starkes Statement und gibt einen Vorgeschmack auf die epischen Schlachten, die das Spiel mit sich brachte.
Lobend erwähnt sei hier auch kurz noch Wrath of the Lich King: Das Motiv von Arthas als Lich King, wie er die Klinge Frostmourne umklammert, ist gleichermaßen grandios. Außerdem ist es in einem stimmungsvollen, frostigen Blauton gehalten, der schon auf Entfernung die Blicke auf sich zieht.
6. Blackthorne
Bevor Blizzard zu dem Strategie- und Rollenspiel-Giganten wurde, den wir heute kennen, experimentierten sie mit unterschiedlichen Genres. Blackthorne war dabei ein knallharter Plattformer, irgendwo zwischen Prince of Persia und Flashback. Was die Gestaltung des Covers angeht, ist es ein fantastisches Beispiel dafür, wie die „Erfolgsformel“ der großen, prägnanten Figur auf der Packung hier das erste Mal so richtig zum Tragen kam. Protagonist Kyle Vlaros dominiert das Cover – in der PC-Version sogar noch stärker als auf der nicht minder stimmungsvollen SNES-Variante. Die Box versprach Action und eine coole, düstere Atmosphäre – und die lieferte das Spiel auch ab.
Gezeichnet wurde das Artwork von dem bekannten Comiczeichner Jim Lee. Der war Anfang der 90er insbesondere am Erfolg der X-Men beteiligt. Heute hat er die Comic-Lager gewechselt und ist Herausgeber bei DC.
5. Diablo
Das originale Diablo-Cover ist weniger „in your face“ als das des Nachfolgers, dafür aber nicht minder stimmungsvoll. Mehr als den aus der Dunkelheit dräuenden Herrn der Finsternis braucht es nämlich gar nicht, um eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen, die perfekt zum düsteren Dungeon-Crawler passt. Es ist subtil, aber genau das macht seine Stärke aus.
Im direkten Vergleich zeigt die PlayStation-Variante eindrucksvoll, dass ein bisschen „mehr” diesen schmalen Grat zwischen subtiler Bedrohung und plakativem Metal-Kitsch schnell kippen lässt.
4. StarCraft II: Wings of Liberty
StarCraft II: Wings of Liberty setzt die Tradition der großen Einzelfiguren auf dem Cover fort. Hier mit Jim Raynor, der entschlossen und kampfbereit in die Ferne blickt. Das Artwork ist enorm detailreich, fängt die raue Sci-Fi-Atmosphäre des Spiels ein und gibt bereits einen Vorgeschmack auf die Schlachten, die uns erwarten.
Auch die Motive der nachfolgenden Erweiterungen Heart of the Swarm (mit Kerrigan) und Legacy of the Void (mit Artanis) sind gleichermaßen exzellent gelungen und folgen der bereits im Vorgänger etablierten Blaupause. Denn schon die Cover des ersten Teils folgten diesem Prinzip. Sie waren aber in ihrer Gestaltung deutlich roher und weniger ausgefeilt. Deswegen für mich ein verdienter vierter Platz für den Nachfolger.
3. Warcraft III: Reign of Chaos
Mit Warcraft III wagte Blizzard den Sprung in die 3D-Grafik. Das Cover folgt aber der gewohnten Gestaltungs-Linie. Wie schon bei StarCraft (und später bei World of Warcraft) gibt es hier verschiedene Packungsmotive, passend zu den Fraktionen im Spiel. Egal ob Mensch, Nachtelfe oder Untoter: Sie alle sind in einer eindrucksvollen Nahaufnahme im leicht angeschnittenen Frontalporträt gestaltet. Besonders gut gefallen hat mir die Version der Horde, repräsentiert durch Kriegshäuptling Thrall. Der guckt nicht nur angemessen finster auf uns herab, sondern ist auch wunderbar detailliert gestaltet. Bis hin zu den feinen Spuckefäden, Bartstoppeln und Narben.
Auch die Erweiterung The Frozen Throne führt den visuellen Stil der Hauptreihe konsequent weiter, zeigte nun aber den Helden Arthas, den wir schon von der Packung der Menschen kannten als untoten Lich King.
2. Diablo II
Wenige Motive haben sich so in das kollektive Gedächtnis der Spieler gebrannt, wie das ikonische Cover von Diablo II. Der dunkle Wanderer starrt uns mit hämischem Grinsen unter seiner blutroten Kapuze entgegen. Die drum herum platzierten Runen und der zerfranste Hintergrund schreien dabei förmlich „Dark Fantasy“ und „Hack’n’Slay“. Es ist minimalistisch und dabei trotzdem maximal eindringlich. Man erkennt sofort, dass hier etwas Uraltes und Böses lauert.
Gezeichnet wurde es von Gerald Brom. Der hatte zu dem Zeitpunkt schon einen enormen Track Record in der Gaming-Branche, war er doch unter anderem für die grandiosen Cover von Doom II, Heretic und zahlreichen D&D-Klassikern verantwortlich. Abseits von Videospielen findet man seine Artworks auch auf zahlreichen Magic-Karten und diversen Fantasy-Büchern.
Für das Remake Diablo II: Resurrected entwarf Brom eine Neuauflage des dunklen Wanderers, das dem Original in nichts nachsteht. Und neben grafischen Arbeiten steuert er bei Blizzard zuletzt auch talentiertes Personal bei: seine beiden Söhne Devin (Game Design) und Killian (Sound Design) arbeiten inzwischen beide bei den Diablo-Machern in Kalifornien.
1. Warcraft II: Tides of Darkness
Absolut unangefochten auf dem Thron sitzt für mich das Artwork von Warcraft II. Es ist nicht nur ein Meisterwerk für sich, sondern auch die konsequente Weiterentwicklung dessen, was bereits Warcraft: Orcs & Humans so gut gemacht hat. Das zeigte bereits die rohe Gewalt der Orks im Kampf gegen die Menschen, als wäre es direkt aus einem Fantasy-Gemälde entsprungen. Warcraft II nahm diese Blaupause und perfektionierte sie. Ork und Mensch stehen sich wieder kampfbereit gegenüber. Piratentuch, Korsarenmütze und die stürmische See im Hintergrund deuten aber bereits an: Hier kommen einige spielmechanische Neuerungen auf den Spieler zu.
Das Artwork ist nicht nur wunderschön gemalt, sondern fängt die epische Stimmung des Spiels perfekt ein. Es ist konfliktgeladen, dynamisch und verspricht genau das, was man dann auch im Spiel bekommt: wuchtige Fantasy-Kriegsführung, zu Land und auf dem Meer.
Ein Text von Gunnar
Dieser Text ist nicht mit KI geschrieben. Journalistisch ausgebildete Leute wie ich benutzen schon immer den Halbgeviertstrich („–”), weil der das korrekte Zeichen ist, um Satzteile zu verbinden. Hintergrund dieser Bemerkung: Ich bin neulich sehr erschrocken, weil meine Tochter in einem Text, den ich ihr korrigiert hatte, alle „–” durch „-” ersetzt hat. Ich protestierte, sie sagte: „Sorry, aber sonst denken die Lehrer, das sei von einer KI geschrieben.” Das Ende der Zivilisation ist nahe, ganz offenbar.
Was mir neulich bei einer Recherche aufgefallen ist: Amazon hat jetzt auch eine KI in der Navigation, die Fragen beantworten kann. Ich hatte ein Buch sichtbar ausgewählt, die KI schlägt dann Fragen zum Buch vor („Ist das kindertauglich“ oder so ein Quatsch – als stünde das nicht daneben). Ich habe dann die vorgeschlagene Frage „Gehört es zu einer Serie?“ ausgewählt und las die Antwort: „Ja, es gibt Bücher, die zu Serien gehören. Bekannte Serien sind X und Y.“ No shit, Sherlock.
Ich verfolge die aktuellen Entwicklungen von Technologieprodukten schon seit den 90ern einigermaßen intensiv, aber ich wüsste nicht, wann jemals eine Produktkategorie auf den Markt gekommen ist, die so offenkundig so oft nicht funktioniert. Immerhin schreibt Amazon bei ihrer Version dran, dass das eine KI ist und ihre Antworten nicht notwendigerweise korrekt sind. Gibt es eigentlich noch andere Produkte, die so eine Warnung dauerhaft brauchen? Das ist alles ein ziemlicher Schrott, offen gesprochen.
Dabei bin ich nicht so ein klassischer KI-Verächter, ich sehe die Entwicklung sehr kritisch, bin aber auch Nerd genug, um neugierig auf das zu sein, was da passiert. Und probiere auch mal was aus.
Zum Beispiel nutze ich manchmal NotebookLM, um große Quellen zu durchsuchen, komplette Bücher, lange Podcasts, Video-Transkripte und so. Das Tool halluziniert nicht und versteht nur selten was falsch. Kann aber auch sonst nichts, eben nur suchen und rausschreiben. Wenn man es interpretieren lässt, kommt man natürlich in den Wald, aber das methodische Rausschreiben hat ja schon seinen Wert.
Neulich hab ich aus Faulheit das gleiche bei ChatGPT gemacht: eine lange Quelle (wissenschaftliches Buch) eingelesen und dann nach konkreten Erwähnungen eines bestimmten Zusammenhangs gesucht, um eine These zu bestätigen. ChatGPT nennt auch prompt zwei Zitate aus dem Buch, ganz konkret mit Seitenzahlen, die meine These bestätigen. Kurzer Jubel, dann nachgelesen: nee, beide erfunden. Inklusive Seitenzahlen. Gibt es einfach nicht. These null bestätigt, alles fake.
Was mir nochmal deutlicher macht, wie das funktioniert: Die Leistung der Large Language Models (wie Gemini, DeepSeek oder ChatGPT) ist nicht die Antwort auf die Frage, es ist das Verstehen der Frage. Oder genauer: Die Leistung ist die Möglichkeit zur Eingabe in natürlicher Sprache – und das ist ja wirklich ein Wunder. Wie gut sie zu verstehen scheinen, was man ihnen sagt, wie gut sie auch „interpretieren“ können, wie unpräzise Fragen gemeint sein können, wie natürlich das Gespräch fließt, wie passend die Antworten wirken. Das ist alles sehr schön, so als Spaß und für leichte Unterhaltung. Sobald die Antworten belastbar und überprüfbar sein müssen, weil es halt ein Business-Zusammenhang ist oder sowas, tja. Dann zeigt sich, dass es nicht Analyse oder Interpretation, sondern nur Next Token Prediction ist. Und dass die Qualität der Vorhersage des nächsten Wortes stark davon abhängig ist, was im Trainingskorpus enthalten war.
Es wäre schon wünschenswert, dass die Techfirmen den KI-Modellen nicht all diese absurden Fähigkeiten zuschreiben, die sie nicht beherrschen, nur um einen Grund zu haben, sie überall einzusetzen – also auch dort, wo sie das Produkt (wie beim Amazon-Beispiel oder der Websuche) aktiv schlechter machen –, sondern mit Hirn zu schauen, wo es Prozesslücken gibt, die eine KI sinnvoll füllen könnte.
Wo wir grad beim Thema des sinnvollen KI-Einsatzes sind: Auch Stay Forever nutzt KI. Wir verwenden selbstverständlich keine von KI erstellten Grafiken und keine KI-Skripte oder Texte für die Podcasts, das ist alles Menschenarbeit, mit Herzblut und Lust. Aber wir hatten früher nur vereinzelt Audio-Transkripte zu den Folgen (immer dann, wenn unsere Community die für uns gemacht hat), weil das eine Mordsarbeit ist – und die Transkripte zwar aus Recherche- und Inklusionsgründen wünschenswert sind, aber nicht eben nicht geschäftskritisch. Seit einiger Zeit macht das eine KI-Funktion unseres Audio-Tool Auphonic (kein LLM) nebenbei mit, daher können wir nun bei jedem Podcast ein Transkript anbieten. Auch für schnellere Recherche in längeren Video- oder Audio-Interviews lassen wir uns zuweilen den Stoff von Tools wie Descript transkribieren oder von DeepL übersetzen. Und gelegentlich kommt KI auch bei der Post-Production zum Einsatz – wir haben ein paar Mal KI-Algorithmen benutzt, um die Audioqualität von Interviewpartnern mit schlechtem Ton zu verbessern, und wir benutzen manchmal die automatischen Cut-Algos von Auphonic, um „Ähs“ etc. zu entfernen.
Unsere Vorgehensweise ist dabei nicht der um sich greifende Ansatz „lass mal irgendwo was mit KI machen, egal in welcher Qualität, um Personalkosten zu sparen“, sondern ein gezielter Einsatz von Spezialisten zur Arbeitserleichterung bei schwierigen oder arbeitsintensiven Prozessen.
Auch das ist sicher nicht ganz unproblematisch, wenn man die möglichen gesellschaftlichen Kosten von KI bedenkt, daher evaluieren wir unsere Position zu dieser Sache immer mal wieder. Und – der Halbgeviertstrich bleibt.
Christopher hat für euch die Internet-Archive durchforstet und präsentiert aktuelle Ereignisse und Veröffentlichungen aus der Welt der Retro-Spiele.
Bill Atkinson ist verstorben
Bill Atkinson war einer der prägenden Entwickler bei Apple in den 80ern. Er gestaltete maßgeblich die Benutzeroberflächen von Lisa und Macintosh und programmierte MacPaint. Ohne ihn sähen Computer heute anders aus.
Sehenswert: Bill Atkinson: Polaroids showing the Evolution of the Lisa GUI. Im Video zeigt er Polaroid-Fotos, mit denen er die Entwicklung der Lisa-Oberfläche dokumentierte.
Eines von Bills Polaroids, das ihn selbst zeigt. (Bild aus dem verlinkten Video)
Neuer Mac-Emulator: Snow
Snow ist ein neuer Emulator für klassische Motorola-680x0-Macs (128K, 512K, Plus, SE, Classic, II). Anders als viele Emulatoren setzt Snow auf hardware-nahe Emulation ohne ROM-Patches, was besonders originalgetreu ist. Derzeit emuliert es den Macintosh 128K, Macintosh 512K, Macintosh Plus, Macintosh SE, Macintosh Classic und Macintosh II. Verfügbar für Windows, Mac und Linux unter snowemu.com.
Lese-Tipp: Alles über die Grafik des ZX Spectrum für Fans, Entwickler und Grafiker
In diesem Artikel erklärt zxonline.net verständlich und praxisnah, wie die Grafikdarstellung am ZX Spectrum technisch funktioniert. Der Autor „epsilon” zeigt, warum der Bildschirmaufbau komplizierter ist, als er aussieht, wie Attribute Clash entsteht und wie man effizient einzelne Pixel und 8×8-Sprites zeichnet. Außerdem werden Optimierungstricks vorgestellt, mit denen Programme trotz des langsamen Z80-Prozessors flüssige Grafiken schaffen. Wer Spiele oder Demos für den Spectrum entwickeln oder einfach besser verstehen will, warum klassische Spiele oft flackern oder Farbartefakte haben, bekommt hier fundiertes, aber leicht lesbares Wissen, inklusive Beispielcode.
Mini-Atari auf Briefmarkengröße
Piotr Ostapowicz, ein polnischer Bastler, hat einen voll funktionsfähigen Atari 8-Bit-Computer auf FPGA-Basis gebaut, der kleiner als eine Münze ist. Das „Atarino“ emuliert originalgetreu die Hardware von Atari XL/XE, läuft mit bis zu 31 MHz (statt der ursprünglichen 1,79 MHz) und bietet VGA- und HDMI-Ausgabe. Im atariage-Forum berichtet Piotr von seinem Projekt, auch ein Videolink findet sich dort.
Der Atarino mit angeschlossener Peripherie (Foto vom Entwickler Piotr Ostapowicz)
System Shock 2 Remaster veröffentlicht
Die Remaster-Profis Nightdive Studios haben die 25th Anniversary Remaster-Version von System Shock 2 veröffentlicht. Der Sci-Fi-Horror-Klassiker von 1999, der als Wegbereiter für Spiele wie BioShock oder Prey gilt, erscheint damit erstmals in einer modernen, technisch überarbeiteten Fassung. Die Remaster-Version bietet komplett überarbeitete Grafik in 4K mit bis zu 144 FPS, Crossplay-Coop für bis zu vier Spieler sowie umfangreichen Mod-Support. Konsolen-Versionen sollen in den nächsten Wochen folgen. Erhältlich ist die neue Version unter anderem auf GOG.
Die Schrecken der Von Braun können Spieler jetzt auch in 4K erleben. (Bildquelle: gog.com)
3dSen PC verwandelt NES-Klassiker in spielbare 3D-Dioramen
3dSen PC ist ein neues Programm, das klassische NES-Spiele in voll spielbare 3D-Voxel-Dioramen verwandelt. Statt reiner Nostalgie bietet es eine völlig neue Perspektive auf Retrospiele wie Super Mario Bros., Zelda, Mega Man, Metroid oder Castlevania. Neben dynamischen Lichteffekten, animierten Himmeln und frei drehbarer Kamera gibt es auch Features wie Quick Save, Rollback und Fast Forward. Mehr Informationen gibt es auf itch.io, wo das Programm für rund 10 Dollar im Sale ist, das Launch-YouTube-Video zeigt zudem die eindrucksvolle 3D-Umwandlung einiger Spiele. Hinter 3dSen steckt ein einziger Programmierer, weshalb das Programm 10 Jahre in der Entwicklung war.
Punch-Out!! im 3D-Diorama-Stil (Bild aus dem verlinkten Video)
Lese-Tipp: Warum die Welt noch immer auf Windows 3.11 und XP läuft
Die BBC hat einen faszinierenden Artikel veröffentlicht über Menschen und Institutionen, die noch immer mit uralten Windows-Versionen arbeiten, von Windows 3.11 bis XP. Der Text zeigt, warum Bahnen, Banken und sogar Krankenhäuser häufig nicht auf moderne Systeme umsteigen können oder wollen: sei es wegen horrender Kosten, fehlender Kompatibilität oder einfach, weil alte Software zuverlässig läuft. Besonders spannend ist der Blick nach Deutschland, wo Bewerber bei der Bahn bis heute MS-DOS beherrschen müssen. Eine lesenswerte Reportage über die unsichtbare digitale Infrastruktur, die unseren Alltag zusammenhält: BBC: Still booting after all these years.
Retro-Spiele-Club-Museum Hamburg zieht um – Spendenaktion fast am Ziel
Das Retro-Spiele-Club-Museum in Hamburg braucht Unterstützung: Das Museum sammelt aktuell Spenden für den Transport von neuen Möbeln von Offenburg nach Hamburg, wo das Museum in größere Räumlichkeiten zieht und dementsprechend neue Möbel braucht. Mehr Informationen gibt es bei gofundme.
Die Frist läuft ab: Stop Killing Games EU-Bürgerinitiative
Wir berichteten an dieser Stelle schon über die „Stop Killing Games“-Initiative, mittlerweile haben über 600.000 Menschen die EU-Bürgerinitiative unterzeichnet. Sie fordert, dass digital gekaufte Spiele nicht einfach durch Serverabschaltungen oder Lizenzprobleme verschwinden dürfen, sondern spielbar bleiben müssen. Die Frist läuft am 31. Juli 2025 ab, wenn ihr also noch nicht unterzeichnet habt, ist jetzt die Zeit dafür gekommen. Eine ganz einfache Anleitung für jedes Land gibt es auf der Webseite der Kampagne.
Ab in die Zeitmaschine! Christopher reist in die Vergangenheit und schaut sich an, welche Spiele in diesem Monat Geburtstag feiern.
Vor 25 Jahren … (Juli 2000)
Mit Icewind Dale veröffentlichten die Black Isle Studios ein klassisches D&D-Rollenspiel basierend auf der Infinity Engine von Baldur’s Gate. Anders als dessen storyorientierter Ansatz setzte Icewind Dale stärker auf Dungeon Crawling, taktische Kämpfe und Atmosphäre. Die kühle Ästhetik des Nordens, inspiriert von R.A. Salvatores Forgotten Realms-Serie, und die orchestrale Musik von Jeremy Soule schufen eine dichte, raue Fantasy-Stimmung. Es gilt bis heute als eines der kampflastigsten Infinity-Engine-Spiele und wurde vor allem für seine Party-Build-Vielfalt geschätzt.
(Bildquelle: mobygames.com)
Vor 30 Jahren … (Juli 1995)
Space Quest 6: Roger Wilco in The Spinal Frontier, das letzte klassische Sierra-Adventure der Reihe, erschien im Juli 1995. Es parodierte Science-Fiction-Klischees mit typischem Sierra-Humor, setzte jedoch erstmals auf 2D-Charaktere vor vorgerenderten 3D-Hintergründen. Trotz guter Rätselgestaltung blieb der Erfolg hinter früheren Teilen zurück, was die Adventure-Schwäche Mitte der 90er-Jahre vorwegnahm. Besonders hervorgehoben wurde der satirische Ton, der sich diesmal verstärkt auf popkulturelle Anspielungen konzentrierte.
(Bildquelle: mobygames.com)
The King of Fighters ’95 erweiterte SNKs Prügelspielserie um neue Charaktere und den erstmals einführbaren Edit-Team-Modus, mit dem Spieler ihr eigenes Dreierteam zusammenstellen konnten. Der Titel festigte die Serie als ernsthafte Konkurrenz zu Capcoms Street Fighter, insbesondere in asiatischen Spielhallen. Durch den Erfolg wurde KOF als jährliche Reihe etabliert, die Arcades über Jahre dominierte.
(Bildquelle: mobygames.com)
Vor 35 Jahren … (Juli 1990)
Mit Final Fantasy erschien Squares legendäres Rollenspiel 1990 erstmals in Nordamerika, in Japan schon im Jahr 1987, in Europa erst 2002 in der Final Fantasy Origins Collection für die PlayStation. Ursprünglich als letzter Rettungsversuch des Studios gedacht, entwickelte sich der Titel mit seinem rundenbasierten Kampfsystem, der offenen Welt und der variablen Partyzusammenstellung zu einem Überraschungserfolg – und begründete eine bis heute aktive Serie. Das Spiel prägte den späteren Aufbau klassischer JRPGs mit Weltkarte, Dungeons und epischer Storystruktur.
(Bildquelle: mobygames.com)
Metal Gear 2: Solid Snake, entwickelt von Hideo Kojima für das MSX2, erschien im Juli 1990 nur in Japan; bis heute gibt es keinen offiziellen internationalen Port, nur Fan-Übersetzungen. Der Titel führte zahlreiche Mechaniken ein, die später für Metal Gear Solid prägend wurden: aufmerksamere Gegner, Radarfunktion, kriechende Fortbewegung und eine komplexe politische Storyline. Es gilt heute als eines der ambitioniertesten Stealth-Spiele seiner Ära.
(Bildquelle: mobygames.com)
Vor 45 Jahren … (Juli 1980)
Ataris Missile Command, entwickelt von Dave Theurer, setzte neue Maßstäbe für Arcade-Spiele und gilt als einer der Vorreiter der goldenen Arcade-Zeit. Gene Lipkin, Präsident von Atari Coin-Op, hatte nach dem Anblick eines Radarbilds in einem Magazin die Idee für ein Spiel, in dem der Spieler US-Städte vor sowjetischen Raketen verteidigt. Theurer setzte diesen Auftrag in ein schnelles, süchtig machendes Gameplay um, das die Ängste des Kalten Krieges widerspiegelte. Missile Command wurde in Spielhallen zum Kult, typisch mit steigendem Stressfaktor und dem nihilistischen Ende ohne Siegoption, das zur Atomkrieg-Metapher passte (Auf dem Schlussbildschirm hieß es nicht „Game Over“, sondern „The End.”)
(Bildquelle: mobygames.com)
Im selben Monat veröffentlichte Sega Hang-On, entwickelt von Yu Suzuki und AM2. Es war das erste Spiel der Super Scaler-Serie, einer Technologie, bei der 2D-Sprites in schneller Folge vergrößert und verkleinert wurden, um den Eindruck echter 3D-Bewegung zu erzeugen. Damit wirkten Strecken und Gegner wie in die Tiefe des Bildschirms hinein animiert, lange bevor Polygon-Grafik verfügbar war.
(Bildquelle: mobygames.com)
Hang-On war außerdem Vorreiter der „Taikan“-Arcade-Ära („Taikan“ = „mit dem Körper fühlen“). Der hydraulische Motorrad-Cabinet-Aufbau erlaubte es, das Spiel durch Neigen des eigenen Körpers zu steuern. Diese immersive Steuerung setzte einen neuen Standard für Arcade-Automaten und gilt als direkter Vorläufer späterer Motion-Control-Trends auf Heimkonsolen. Hang-On war zudem der Startpunkt für Yu Suzukis folgende Super Scaler-Hits wie Out Run und After Burner.
(Bildquelle: shmuplations.com)
Von Jörg, unserem Verantwortlichen für Printprojekte wie SF-Magazin und Kunstdrucke. Seine Podcast-Empfehlung: TREK AM DIENSTAG
Trek am Dienstag (kurz: TaD) ist der Star-Trek-Podcast mit Retro-Schlagseite auf Deutsch, moderiert von Simon Fistrich und Sebastian Göttling. Mal scharfzüngig lästernd, mal voll nerdiger Detailbesessenheit, aber immer gut gelaunt, mit einer riesigen Portion Humor und den Blick gerichtet auf das Gute in Star Trek.
Seit April 2017 liefern die Jungs jede Woche eine neue Episodenbesprechung aller Star-Trek-Serien und -Filme bis einschließlich Star Trek: Enterprise in Ausstrahlungsreihenfolge. Als Zugabe gibt’s jede Menge Bonusmaterial zum Thema Star Trek, Podcasts mit Gästen, Livestreams und vieles mehr. Wunderschön wird man hier ins Kinderzimmer zurückgeschickt. Prädikat Wertvoll für einen Rewatch der Serien und Filme des Star-Trek-Universums.
Eine wunderschöne Folge zu den Computerspielen aus dem Star Trek Universum wurde vor ein paar Wochen ins All geschickt: Computer, nächstes Spiel! Ein besonderes Spiel aus dieser Chronologie wurde auch in der Folge 114 von Stay Forever besprochen: Star Trek 25th Anniversary
Simon ist vielen Computerspielern noch bekannt aus alten PC-PowerPlay- und Buffed-Zeiten. Wer noch weiteren RETRO Nachschlag braucht, kann auch gern mal in die anderen Projekte der beiden reinhören: Die Rückspultaste und Die Zauberlaterne.
Make it so!
Habt ihr auch nichts verpasst? Unser kurzer Übersichtsservice der zuletzt erschienenen Podcast-Episoden:
Liebe Grüße aus dem SFHQ
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