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Liebe Freunde,
 

der Oktober war für das Stay-Forever-Team leider ein Monat der dunklen Wolken, denn wir haben gleich zwei Menschen verloren. Zum einen Stephan Venker, unseren Podcast-Kollegen von Down to the Detail, den unsere Unterstützer aus den „Sammler unter sich“-Folgen kennen. Einen Nachruf von Christian auf Stephan lest ihr weiter unten.

 

Zum anderen starb Mitte Oktober Christians Mutter. Stay-Forever-Hörer kennen sie aus einigen Anekdoten (vor allem von unserer Live-Tour) als geduldige Aufbewahrerin von Christians Spielesammlung. Hörer unseres Schwesterpodcasts Young in the 80s konnten sie dort in der Folge „Mutter Schmidt - Jetzt rede ich!“ kennenlernen. Sie wurde 72 Jahre alt. Obwohl sie in den letzten Jahren zunehmend an Kraft verlor, lebte sie bis zuletzt selbstständig im eigenen Haus, pflegte einen großen Freundeskreis und verwöhnte ihre Enkelkinder. Für Christian und seinen Bruder Peter war ihr Tod erschütternd.

 

Kurz vor und nach dem Tod von Mutter Schmidt war Christian erstmal aus der Spur geworfen, Trauer und die Organisation des Begräbnisses hatten Vorrang. Ihr habt in unserem SF-Programm nichts davon bemerkt, wir hatten zum Glück genügend Material vorproduziert. Einzig die versprochene Auswertung unserer Hörerumfrage blieb liegen und verschiebt sich in den November – mehr dazu weiter unten.
 

Für Christian steht nun ein großes Projekt an, nämlich der Umzug seiner Spielesammlung. Bislang lagert alles wild verteilt im Elternhaus; das wird nun aufgelöst werden, und entsprechend müssen mehr als 8.000 Spieleschachteln irgendwoanders hin. Christians eigenes Haus ist keine Option – seine Frau sagte uns, es gäbe sonst direkt das nächste Todesopfer zu beklagen. Mal schauen, welche Lösung sich findet; falls jemand ein leeres Lager oder Ähnliches in Nürnberg und Umgebung zu vermieten hat, sagt gern Bescheid …
 

Aber nun blicken wir nach vorn, im November kann’s ja eigentlich nur besser werden. Das steht bei uns auf dem Programm:


Unsere Unterstützer auf Patreon und Steady haben mal wieder abgestimmt; diesmal standen sie vor der schwierigen Frage, welche große Klassiker-Fortsetzung wir bei Stay Forever besprechen sollen. Baldur’s Gate 2, Jagged Alliance 2 oder Monkey Island 2? Anfangs lag Monkey Island 2 vorn, aber letztendlich setzte sich Baldur’s Gate 2 durch. Weil das ein ordentlicher Spielebrocken ist, kommt die zugehörige Folge aber erst als übernächste. Dazwischen schieben wir im November einen Strategie-Klassiker aus den 80ern ein, der bei Stay Forever auch schon lange überfällig ist!

 

 

Bereits im September hat sich bei der Abstimmung „Spiele zu Filmen“ der N64-Shooter GoldenEye 007 gegen Indiana Jones’ Greatest Adventures (Platz 2) und Die Hard Trilogy (Platz 3) durchgesetzt. Fabian und Gunnar schlüpfen in ihre Smokings und ölen ihre Stimmen mit Wodka Martini – die Besprechung von GoldenEye kommt im November.

 

Unsere Unterstützer auf Patreon und Steady verfolgen im November weiterhin unsere Abenteuer (und Tode … so viele Tode) in Outer Wilds. Wir sind zuversichtlich, dass wir die Staffel bis Ende November abschließen werden. Geplant ist außerdem eine „Wusstet ihr eigentlich…?“-Folge zu GoldenEye; und bei Zehn Jahre Klüger steht unter anderem das Erscheinen von Skyrim auf der Agenda. Ja, das ist wirklich schon wieder zehn Jahre her. 

 

Eigentlich hatten wir vor, noch im Oktober die Ergebnisse der Hörerumfrage zu veröffentlichen und in einem Podcast zu besprechen. Weil Chris unerwartet ausfiel, mussten wir das in den November schieben. Die Umfrage ist fertig ausgewertet, es fehlen noch unsere Ableitungen daraus. Als Trostpflaster für die Wartezeit gibt’s hier noch einen weiteren Vorschau-Schnipsel aus den Ergebnissen: Welche anderen Spiele-Podcasts kennen, hören und unterstützen unsere Hörer? Wem das Diagramm unten zu klein ist, kann es hier in voller Auflösung laden.

 

 

Neu in unserem Shop Retroshirty: Die Jahreskalender für 2022 sind da! Nachdem der letztjährige Kalender so gut ankam, dass die Erstauflage im Nu vergriffen war, haben wir auch dieses Jahr wieder einen Kalender für euch aufgelegt, gefüllt mit schicken Folgen-Motiven von unserem großartigen Grafiker Paul.

 

 

Gunnar und Chris anderswo:

  • Chris wurde von den Kollegen von der Zankstelle zu deren Quizrunde „Hund, Katze & Maus“ eingeladen. Ob die Chancen dort besser für ihn stehen als beim SF-Quiz…?


Nachruf auf Stephan Venker

von Christian

Im Herbst letzten Jahres bekamen Unterstützer von Stay Forever ein neues Format namens „Sammler unter sich“ zu hören, in dem ich mit zwei Kollegen über das Sammeln von alten PC-Spielen fachsimpelte. Im Anschluss an unserer Weihnachtswoche 2020 veröffentlichten wir in unserem offenen Feed eine Empfehlung für den Games-Podcast „Down to the Detail“, der uns so gut gefallen hatte, dass wir ihn mit euch allen teilen wollten. Im Mittelpunkt beider Formate stand Stephan Venker.

 

Ich lernte Stephan über die Facebook-Sammlergruppe „Schachteltreff“ kennen, die er als Admin leitete, als ich beitrat; er hatte sie von ihrem Gründer übernommen und mit Verve, Ideenreichtum und unermüdlicher Präsenz zu einer lebendigen, inhaltsreichen Community ausgebaut. Es war leicht, sich dort wohlzufühlen; Stephan und seine Moderatoren achteten auf freundlichen Umgang, klare Regeln und viel Austausch. Wohl jedes Mitglied der Gruppe, das irgendwann mal ein lang gesuchtes Spiel erwähnt hat, wird eine seiner Nachrichten bekommen haben: „Hey, du suchst doch Spiel x – hier ist es gerade im Angebot!“ Wie sehr Stephan mit seiner aufmerksamen, sozialen Art die Gruppe prägte, zeigte sich auch darin, was die Gruppe ihm zurückgab; etwa als sich einige Mitglieder zusammentaten, um ihm einen langersehnten Wunsch zu erfüllen und ihm eine der seltenen Original-Versionen des-Lucasfilm-Games-Adventures „Labyrinth“ zu schenken.

 

Anfang 2019 gründete Stephan mit den drei Freunden Fabian, Marius und Ringo den Podcast Down to the Detail. Als Flaggschiff-Format identifizierten die vier bald mehrteilige, detail- und kenntnisreiche Audio-Walkthroughs durch Spiele wie Beneath a Steel Sky oder Phantasmagoria. Als Cutter unterfütterte Stephan diese Folgen mit beeindruckender Akribie mit wechselnden Hintergrundgeräuschen und passenden Tonausschnitten; bald wurden aus ihnen regelrechte Hörspiele. Dieser Perfektionismus in der Gestaltung zusammen mit der hervorragenden Chemie zwischen den vier Podcastern machen die DTTD-Staffeln für mich zu kleinen Meisterwerken; allen voran die Staffel zu Gothic. Wenn man ein Spiel erleben will, ohne es selbst zu spielen, dann gibt es keine bessere Möglichkeit als diesen Podcast.
 

Ich war schon Fan von Down to the Detail, als ich Stephan letztes Jahr fragte, ob er Lust auf ein Gespräch unter Sammlern hätte. Gemeinsam hatten wir uns schnell den Kollegen Pascal als Dritten im Bunde ausgeguckt; so entstand die Pilotfolge von „Sammler unter sich“. Sie kam so gut an, dass wir sie 2021 fortsetzten. Eine dritte Episode war schon geplant, Themen gab es noch genug.

Diese dritte Episode kam nicht mehr zustande. Anfang Oktober verstarb Stephan plötzlich und unerwartet. Er hinterlässt eine tiefe Lücke – bei seinen Freunden und seiner Familie, in der Sammler-Community, bei Down to the Detail. Seine Stimme wird fehlen, auch hier bei Stay Forever. Stephan, vielen Dank für die Zeit, die wir mit dir verbringen durften.


📣 Gunnars Neuzugänge

Gunnar hat ein Spiel geschenkt bekommen und möchte, dass es alle erfahren.

Hin und wieder schreiben mir Hörer und bieten an, Christian Spiele für seine Sammlung zu schenken. Ich leite dieses Schreiben regelmäßig an Chris weiter, regelmäßig besitzt Chris diese Spiele bereits. Anfang 2020, mit dem Umzug ins neue Büro, habe ich aber angefangen, meine Mini-Sammlung ordentlich in einem Regal zu präsentieren. Seither schreibe ich quasi immer den gleichen Satz zurück: „Danke, Chris hat das schon, aber wenn du es loswerden willst, gib’s mir, ich schicke dir einen DHL-Aufkleber“. „Die Natur erträgt kein Vakuum“ schrieb der Schriftsteller David Gerrold mal, offenbar hat er leere Regalböden gemeint. Auf diese Art ist meine kleine Sammlung schon ein bisschen gewachsen, da ich nicht gezielt sammele, ziemlich wild allerdings, mit C64-, Amiga-, Mac- und PC-Spielen. 

 

In der letzten Sendung von Patreon-Unterstützer Lutz O. war dann ein besonderes Schätzchen dabei: eine vollständige Amiga-Ausgabe von Die Stadt der Löwen, ein „ArtVenture“ des deutschen Publishers Software 2000, erschienen 1989. Das ist der Quasi-Vorgänger eines Spiels, das ich aus leidvoller Erfahrung gut kenne: Jonathan. Jonathan ist auch ein „ArtVenture“, ebenfalls entwickelt vom Zwei-Mann-Team PM Entertainment (später Phoenics), bestehend aus Markus Frisch und (dem vor einem Jahr verstorbenen) Christoph C. Földing. Wir hatten damals eine Staffel „Stay Forever Spielt“ zu Jonathan gemacht, hinterher den Entwickler über die vielen Bugs und Ungereimheiten ausgefragt und dabei erfahren, dass das Spiel nur ein Schnellschuss war, den der Publisher nach dem Erfolg von Stadt der Löwen bestellt hatte. 

 

Aber ich schweife ab, hier geht es um Die Stadt der Löwen. Das ist auch ein merkwürdiges Spiel, eine Art interaktives Buch. Es gibt kaum klassisches Gameplay, eigentlich sind es nur hübsche Pixelbilder und viel Text in diversen Menüs. Heute würde man vielleicht eher von einer Visual Novel sprechen. Es geht um eine Journalistin, die nach Singapur kommt, um über eine mysteriöse Gruppe zu recherchieren. Die Texte sind ein bisschen schwülstig, aber für ein deutsches Spiel der Zeit ganz okay. Als Hauptmechanik dient eine Art Befragung, mit der das Spiel abschnittsweise prüft, ob der Spieler alles verstanden hat. 

 

Das Spiel arbeitet stark mit der Stadt Singapur als Schauplatz. Software 2000 trug dem Rechnung mit üppigen Packungsbeigaben: In der Box liegen neben der Anleitung und der damals obligatorischen Feedback-Postkarte (die hier auch zur Teilnahme an einem Preisausschreiben mit einer Singapur-Reise als Preis berechtigt) ...

  • ein englischsprachiger Stadtplan

  • ein Paar eingeschweißte Essstäbchen

  • eine Singapur-Postkarte

  • ein deutschsprachiger Tourismus-Flyer

 

Vor allem die Essstäbchen sind natürlich überraschend in einer Computerspielepackung. Marc Wardenga, damals Geschäftsführer von Software 2000, ist heute noch stolz, als ich ihn danach frage: „Die Idee der Beilagen ist intern im Dialog mit Christoph Földing entstanden. Wir waren damals der Zeit voraus: Heute machen das ja viele als Sammler-Edition.“ 

 

Auf die Frage, ob die Beigaben von Software 2000 gekauft wurden oder als Teil einer Kooperation mit einem Tourismusunternehmen in die Packung kamen, sagt er: „Die Essstäbchen haben wir durch eine Koop (Details weiß ich leider nicht mehr) zum EK bekommen. Die anderen Beilagen haben wir normal produzieren lassen.“ „EK“ ist Banchensprech für „Einkaufspreis“, also der Preis, mit dem Waren an den Handel abgegeben nicht, nicht der Preis für Endkunden. 

 

Kann sein, dass Marcs Gedächtnis ihm da einen Streich spielt, Flyer und Postkarte tragen einen Hinweis auf Neckermann-Reisen beziehungsweise die offizielle Tourismusbehörde von Singapur – es wäre anzunehmen, dass diese Dinge auch im Rahmen einer Zusammenarbeit in die Packung kamen und nicht extra produziert werden mussten. Beiden Firmen wird auch im Handbuch gedankt. Aber wie dem auch sei, die Extras tragen auf jeden Fall zum Flair bei. Und das Spiel setzt sie auch ein, indem es im Spielverlauf Informationen aus den Beigaben abfragt.

 

Die Stadt der Löwen ist ein Anachronismus, wie viele deutsche Spiele in den 80ern – irgendwie einzigartig mit seinem textlastigen Gameplay, seiner kruden Mechanik und seiner Fixierung auf den Schauplatz. Aber ich freue mich sehr, dieses Artefakt aus der deutschen Branchengeschichte hier im Regal zu haben.

 


📣 Pile of Shame -1

Fabian mag es diesen Monat masochistisch: Er hat sich Ghosts 'n Goblins Resurrection gestellt – einer Neuauflage, die der Härte ihres Vorvaters in nichts nachsteht.

Bei all meiner Liebe für Retrospiele gibt es so manche Serie, die ich nie richtig ins Herz schließen konnte, obwohl das Genre eigentlich genau mein Fall ist. Dazu gehört Capcoms Ghosts 'n Goblins, das ich ursprünglich auf dem Super Nintendo kennengelernt habe. Auf der 16-Bit-Plattform war die Reihe schon in ihrer dritten Iteration namens Super Ghouls 'n Ghosts angekommen.

 

 

Hier musste Ritter Arthur die entführte Prinzessin Guinevere retten. Was zunächst nach Super Mario mit Ritter klingt, ist eine unglaublich schwere Mischung aus Jump ’n’ Run und Actionspiel. Zwar findet Arthur allerlei Waffen, aber er steht sich selbst einfach auch gern im Weg: Hat er erstmal zum Sprung angesetzt, lässt sich seine Flugbahn nicht mehr korrigieren. Wie oft ich in Feinde, in Fallen, in Abgründe gehüpft bin, habe ich irgendwann nicht mehr gezählt. Und dann diese Monster! Sie sind viele, sie sind zäh, sie sind böse.

 

Über die Jahre habe ich das Spiel bei jedem neuen Versuch immer wieder entnervt aufgegeben. Ich schäme mich nur wenig, es irgendwann mit sogenannten Save States durchgespielt zu haben – also fleißigem Speichern nach jeder schweren Stelle und ebenso unermüdlichem Laden nach jedem Fehler. 

 

Viele andere Genres wurden im Laufe der Zeit mehr oder weniger weichgespült. Große Ego-Shooter und Action-Adventures sind heute für eine ebenso große Zielgruppe machbar – schließlich sollen sie in erster Linie unterhalten und nicht nerven. Insofern war ich gespannt, als Capcom Anfang des Jahres Ghosts 'n Goblins Resurrection zunächst auf die Switch und später auch auf die übrigen Plattformen gebracht hat. Würde es sich dem Zeitgeist beugen und Arthurs Abenteuer zum Grusel-Spaziergang für jedermann machen?

 

 

Die Wahrheit liegt irgendwo unbequem dazwischen. Auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad gibt es kein echtes Sterben, der Spieler wird sicher durch die Geisterbahn geleitet, verpasst aber auch viel Content des Spiels. Eine wirkliche Befriedigung lässt sich daraus nicht ziehen.

 

Auf den höheren Settings ist Ghosts 'n Goblins Resurrection dann wieder so schwer, wie man es von früher kennt – und mittlerweile ertrage ich die Eigenheiten der Serie noch schlechter. Arthur ist kein dynamischer Superheld, er ist langsam und träge und will seine Sprungrichtung immer noch nicht verändern. Das ist alles legitim, denn so bleibt die moderne Fortsetzung ihren Wurzeln treu. Was gar nicht so verwunderlich ist, schließlich hat Tokuro Fujiwara, Macher des allerersten Ghosts 'n Goblins, auch hier den Director-Posten übernommen. 

 

Mir macht das frustrierende Auswendiglernen aber nur wenig Spaß. Im Original gab es dafür noch nachvollziehbare Gründe: Das Spiel war kurz und in der Spielhalle sollte es viel Geld einspielen. Heute darf man selbstredend immer noch gern schwere Spiele machen. Aber man muss dem Spieler dafür keinen uralten Mechaniken und eine Vielzahl an unfairen Stellen zumuten. Sorry Guinevere, da begnüge ich mich doch mit Prinzessin Peach – die ist leichter zu retten.


📣 Hörer-Heldentaten

Der Name unseres Hörers Oliver Lindau dürfte manchen von euch ein Begriff sein: Als Grafiker betätigt sich Oliver in der C64-, Lynx- und Amiga-Demoszene, momentan arbeitet er an einem echten Schwergewicht, der C64-Umsetzung von Eye of the Beholder.

Eye of the Beholder, 1991 vom Kult-Studio Westwood entwickelt und über SSI veröffentlicht, gilt heute als Klassiker des Dungeon-Crawler-Genres. In zeitgenössischen Berichten noch als Dungeon Master-Klon abgestraft, lobt Heinrich Lenhardt in der Power Play 5/91 immerhin die ausgezeichnete Grafik: „Eine Delikatesse für sich sind die Grafiken, die schön animierten Monster sind ein optischer Leckerbissen.“

 

 

Unser Hörer Oliver Lindau, in der Demoszene auch als V3to bekannt, arbeitet in einem internationalen Team unter der Leitung von Andreas Larsson an einer aufwändigen C64-Umsetzung des für den Commodore nie erschienenen Spiels. Die Begeisterung Larssons für Eye of the Beholder erstreckt sich jedoch schon viele Jahre in die Vergangenheit: Schon früh entwickelte er einen Savegame-Editor für die Amiga-Version, in den folgenden Jahren dann eine eigene C64-RPG-Engine mit dem Ziel, das Spiel darin umzusetzen. Das scheiterte am Datenvolumen des Spiels. Auch eine iOS-Fassung programmierte Andreas, an der der Rechteinhaber aber kein Interesse hatte. 

 

2018 fand sich dann das heutige Team zusammen, um das Portierungs-Projekt mit einem Cartridge-basierten Ansatz neu anzugehen. Mit Erfolg: Die Umsetzung steht kurz vor der Vollendung. Oliver gibt uns einen Einblick in das Projekt und seine Arbeit daran.

 

Die Teamarbeit ist vergleichbar mit der von 80er-Jahre-Entwicklerteams, die Aufgaben sind klar verteilt. Jeder Beteiligte arbeitet eigenständig und verwaltet sein eigenes Material, kommuniziert wird via Discord, Facebook, E-Mail – am Ende läuft alles Material bei Andreas zusammen. Während die Ingame-Grafik von Ilkka Sjöstedt mithilfe von Photoshop-Skripten aufbereitet wird, ist Oliver für die Intro- und Outro-, NPC-Grafiken sowie fürs Polishing der Ingame-Grafiken zuständig. Er sei der Technical Artist im Team: „Sobald sich Grafiken nicht direkt C64-spezifisch umsetzen lassen, landet das bei mir.“ Spannend: Oliver teilt mit uns seine Dokumentation der Intro-Sequenz.

 

Aufmerksame Leser können sich eine der größten Hürden der Portierung bereits denken: Eye of the Beholder erschien auf 16-Bit-Systemen, der C64 hingegen ist ein 8-Bit-System. „Die Herausforderungen fallen immer wieder darauf zurück, dass Eye of the Beholder für 16-Bit-Systeme designt wurde. Sowohl, was die Datenmenge angeht, als auch der Aufbau der Grafik“, erklärt Oliver. So lassen sich z.B. die 500 im Spiel vorhandenen Items nicht einfach auf Speichermedien auslagern, da man die meisten Gegenstände überall im Spiel mit sich herumtragen kann. Auch die Savegames erfordern viel Optimierung: Bei der Amiga-Version ist ein Savegame etwa 130 KB groß, also etwa das Doppelte, was dem C64 überhaupt an RAM zur Verfügung steht. 

 

 

Das 16-Bit-Spiel stellt auch spezifisch grafische Herausforderungen an Oliver. „Die grafische Gestaltung der Dungeons passt so gar nicht zu den blockartigen Restriktionen damaliger 8-Bit-Rechner. Die Ansichten werden für jeden Schritt mit allen krummen Details neu berechnet. Damit hier nicht die üblichen Farb-Ecken entstehen, wird neben der Bitmap-Ebene auch ein extra Sprite-Layer berechnet, der solche Ausfransungen abdeckt. Anders gesagt: Selbst die Gegner werden in die Hintergrundgrafik hereingerechnet, die ungleichmäßigen Konturen jedoch nicht. Diese Elemente befinden sich in einer separaten Ebene.“

 

Aufgrund dieser Diskrepanzen zwischen Systemanforderungen des ursprünglichen Spiels und C64 wurde Eye of the Beholder nicht 1:1 portiert, sondern die Engine von Grund auf neu gebaut. Die Entwicklung fußt dabei auf einer Mischung aus Reverse-Engineering und sonstigen verfügbaren Daten, zum großen Teil basierend auf der SCUMM-Version. Trotz der Hürden, die das Team bei der Umsetzung überwinden musste, ist Oliver zuversichtlich: „Was ich auch selbst erstaunlich finde: Sämtliche Problemstellungen konnten gelöst werden, ohne sichtbare Kompromisse eingehen zu müssen. Das Spiel läuft durchweg performant. Alle Features der Amiga-Version sind enthalten.“ Und nicht nur das, sogar Verbesserungen nimmt das Team vor: An einigen Stellen wurde der Content nachgeschliffen, wie z.B. bei Perspektivfehlern einiger Block-Elemente. Im Intro und Outro hat Oliver die Animationen überarbeitet und erweitert. Lars Verhoeff (Item-Grafiken) hat die ursprünglich sehr zweckmäßig gestaltete Item-Ansicht optisch dem restlichen Panel angepasst. Andreas hat zudem eine Automap-Funktion und ein Bestiarium integriert.

 

 

Dungeon-Crawler-Fans wird jetzt langsam der Mund wässrig, und Oliver kann sie beruhigen: Das Projekt ist fast vollendet. „Einen genauen Veröffentlichungstermin kann ich nicht nennen, wobei es hoffentlich noch dieses Jahr klappt. Aktuell arbeiten wir noch an Detailverbesserungen der Grafik, da gerade kleinere Objekte in der recht geringen Auflösung leicht mit dem Hintergrund verschmelzen. Vom Gameplay her ist die Entwicklung abgeschlossen, und bis zum Ende der Grafikarbeiten laufen noch die Betatests.“

 

Wer das Projekt verfolgen möchte, kann Oliver auf Twitter folgen, sich Andreas Larssons Beta-Stream auf Youtube anschauen und seinen Twitch-Kanal im Auge behalten, auf dem er zuweilen von der Entwicklung berichtet und streamt.


💾 Retronews


🎂 Zeitreise

 

Vor 20 Jahren... (November 2001)

  • Bungie veröffentlicht den Xbox-Launch-Titel Halo: Combat Evolved. Es überholt GoldenEye 007 als Referenzpunkt für Shooter auf Konsolen.

  • Das siebte Spiel der Metal-Gear-Reihe, Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty, erscheint. Es ist der vierte Eintrag in der Reihe, der von Hideo Kojima geschrieben und produziert wurde.

  • Activision wagt ein Reboot der Wolfenstein-Serie mit Return to Castle Wolfenstein von Gray Matter Interactive, id Software sind als Executive Producers mit an Bord.

  • Mit Super Smash Bros. Melee erscheint einer der besten Teile der Super-Smash-Bros.-Reihe und das bis heute meistverkaufte Spiel auf dem GameCube. Platz 2: Mario Kart: Double Dash, Platz 3:     Super Mario Sunshine.

Vor 25 Jahren... (November 1996)

  • Zum ersten Mal lässt Dead or Alive Brüste schaukeln, das erste 3D-Fighting-Game von Tecmo erweist sich als Serie-gründender Erfolg und löst die finanziellen Probleme des Publishers.

  • Tomb Raider von Entwickler Core Design und Publisher Eidos Interactive bringt den Lara-Hype ins Rollen. Im Oktober erscheint es schon für Sega Saturn, im November für DOS und PlayStation. 2003 wurde es sogar vollständig für Nokias N-Gage Gaming-Handy portiert.

  • Vor ein paar Tagen neu auf GOG, vor 25 Jahren neu auf PlayStation – das Action-Adventure Blood Omen: Legacy of Kain verwandelt den Spieler in Edelmann Kain, dem als Vampir nach Rache und Blut gelüstet.

  • Als dritter Teil führt Dixie Kong's Double Trouble! die Donkey-Kong-Country-Serie fort.

Vor 30 Jahren... (November 1991)

  • Another World von Delphine Software, im Alleingang von Éric Chahi entwickelt, erscheint auf dem Amiga und Atari ST, wird dank cinematischer Effekte ein Hit und beeinflusst spätere Spiele wie Ico, Metal Gear Solid und Silent Hill.

  • Japaner können sich glücklich schätzen: The Legend of Zelda: A Link to the Past erscheint in Japan im November 1991, fast ein Jahr vor dem europäischen Release. Michael Hengst attestiert in der Video Games „eine geballte Ladung Spielwitz", weltweit hagelt es umgerechnete 90er-Wertungen. Das Spiel führt Konzepte wie Parallelwelten und Items wie das Master Sword in die Serie ein.

  • Diesmal ist Japan hinterher: Der nordamerikanische Markt spielt Metroid II: Return of Samus schon im November 1991, während Japan bis Januar 1992 warten muss. Return of Samus ist fünf Jahre nach Metroid der zweite Eintrag der Metroid-Reihe und der erste Handheld-Titel der Serie, es erscheint nur auf dem GameBoy.

  • Fatal Fury: King of Fighters ist das erste Spiel der Fatal-Fury-Serie von SNK und zeigt zum ersten Mal Kämpfer-Klassiker der Franchise wie Terry & Andy Bogard, Joe Higashi und Geese Howard.

Vor 35 Jahren... (November 1986)

  • Defender of the Crown von Cinemare für den Amiga setzt einen neuen Standard für Heimcomputer-Grafik. Heute ein Klassiker, zeigte sich Heinrich Lenhardt im Happy Computer Sonderheft 17 jedoch nicht beeindruckt: Die Grafik sei überragend, das Spiel aber zu leicht.

  • Mit Alex Kidd in Miracle World auf dem Sega Master System stemmt sich Sega gegen die Macht der Super Mario Bros. Mit Erfolg: Das Spiel wurde durchweg positiv rezipiert und stellt den Beginn einer ganzen Serie dar, die bis 1990 auf 6 Titel wuchs. Im Juni 2021 erschien ein Remake für alle modernen Plattformen.


📅 Bis nächstes Mal!

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